Journey: die Reise ist das Ziel




Da die Zeit zum Spielen (und vor allem zum Schreiben) momentan etwas knapp ausfällt, melde ich mich seit längerem mit einem zwar kurzen, aber herausragenden Spielerlebnis zurück. Die Rede ist von Journey. Ich hatte bis zum Release von Journey ehrlich gesagt  noch rein gar nichts von diesem Titel gehört, deshalb hielt sich mein Interesse auch ziemlich in Grenzen. Ich hatte auch vorher nie ein Titel über den Playstation Store erstanden. Das änderte sich schlagartig als erste Reviews auf YouTube und bekannten Internetseiten auftauchten. So etwas Schönes und vor allem einmaliges hatte ich noch nie gesehen

Um es gleich zu Beginn etwas klar zu machen. Wer mit der Erwartung ein Videospiel im klassischen Sinne mit Journey zu bekommen und auch nichts anderes möchte, dem sei von diesem Titel abgeraten. Journey ist kein Spiel im üblichen Sinn, sondern vielmehr ein interaktives Erlebnis, ja sogar als spielbares Kunstwerk könnte es beschrieben werden, aber selbst das trifft nicht ganz auf Journey zu. Journey ist einfach Journey, PUNKT! Und damit haben wir bereits den ersten riesen Pluspunkt abgehandelt. Journey sticht heraus, ist mutig und probiert was neues, aber vor allem bietet es dem Spieler etwas noch nie Dagewesenes. Bei all dem Einheitsbrei der nur noch produziert wird echt erfrischend. 

Aber was ist Journey eigentlich? Als namenloser Wanderer steht der Spieler zu Beginn einfach mit in einer Wüste (und was für eine, aber zur Grafik komme ich später). Es folgen nur kurze Einblendungen zur Steuerung und weiter nichts. Was ist das Ziel? Story? Was soll ich als nächstes tun? Das Spiel verzichtet komplett auf Anweisungen. Wie soll der Spieler dann wissen was zu tun ist? Durch cleveres Leveldesign. Kaum wurde erklärt wie die Kamera bewegt wird, taucht eine Sanddüne mit im wedelnden Flaggen auf. Sonst ist nichts als Wüste um den Spieler zu sehen. Wohin also? Klar, es geht auf den Hügel. Kaum oben angekommen, zoomt die Kamera raus und lenkt den Blick des Spielers auf einen Berg, welcher von dem ein riesiger Lichtstrahl in den Himmel steigt. Dort muss ich hin. So subtil und gleichzeitig doch eindeutig habe ich noch nie eine Zielstellung in einem Videospiel präsentiert bekommen. Und das zieht sich durch das ganze Spiel. Es gibt immer etwas in der Ferne zu entdecken, zu dem ich mich wie magisch angezogen fühle und so schleust Journey den Spieler bis an das an Schönheit kaum zu übertreffende Ende.

Auf dem Weg dahin sind kleinere Rätsel zu lösen und ein paar Gefahren zu überwinden. Wobei Gefahren eigentlich auch wieder der falsche Begriff dafür ist. Es ist unmöglich zu sterben und die Rätsel sind auch nicht sonderlich kopfzerbrechend. Insgesamt ist das Spiel ziemlich leicht, aber es soll nicht „besiegt“, sondern erlebt werden. Die Rätsel werden über Schreie gelöst. Neben Springen und Laufen, die einzige Möglichkeit des Spielers mit der Spielwelt zu interagieren. Aber mehr braucht er nicht. Über diese Schreie baue ich Brücken wieder auf, erwecke fantastische Stoffwesen zum Leben, welche mich über Abgründe tragen oder mache alte Zeichnungen, welche die Geschichte der Welt erzählen wieder sichtbar. Eben diese Geschichte wird auch in kurzen Zwischensequenzen dargestellt. Eine größere, weiße Version meiner selbst offenbart sich mir in diesen Sequenzen und zeigt mir nach und nach was in dieser Welt, die ich besuche geschehen ist, wobei viel Freiraum für Interpretationen gelassen wird, weshalb ich nicht näher darauf eingehen möchte. Die Fähigkeit zu springen, kann über leuchtende Glyphen, welche in der ganzen Welt verteilt sind, verbessert werden, wodurch ich sogar kurze Zeit fliegen kann. Durch all diese spielerischen und erzählerischen Mittel entsteht ein unglaublicher Fluss, der im Spieler dem Drang weckt, bis zum Ende zu spielen. Das ist nach bereits zwei Stunden erreicht. Was schon? Ja und Nein. Einerseits hätte ich noch länger durch die Landschaften streifen können, aber andererseits fühlt sich diese Länge irgendwie auch richtig an. Die Entwickler meinen dazu, dass sie ein Erlebnis schaffen wollten, welches jeder komplett erleben kann. Und das ist richtig, denn Journey MUSS komplett von Anfang bis Ende erlebt werden. Selbst meine Freundin, welche sonst vielleicht eine Stunde am Stück spielt, konnte sich nicht von Journey lösen und hat das Ende in einem Durchgang erreicht. Somit war für mich eigentlich bewiesen, dass die Länge genau richtig gewählt wurde.

Aber was macht Journey so besonders? Bis jetzt ist Journey ein Spiel mit einer spartanisch erzählten Handlung, noch weniger Anzeigen und kaum Steuerungsmöglichkeiten des Charakters. Es ist die Präsentation, die aus Journey mit unglaublicher Grafik, einem fantastischen Art-Design und noch schönerer Musik ein unvergleichliches Erlebnis macht. Alleine die Tatsache, dass der Soundtrack für den Grammy nominiert war, zeigt was dahintersteckt. Ich habe mir schon öfters mein Surround-Headset aufgesetzt und mir einfach den Soundtrack angehört, weil dieser einfach so unglaublich schön ist und es alleine schon schafft meine gesamte Gefühlspalette anzusprechen. Dazu gesellt sich eine Grafik, welche seinesgleichen sucht. Der Sand in Uncharted war schön? Dieser ist um Welten schöner. In manchen Momenten, wenn die Sonne richtig auf den Sand scheint, schimmert er regelrecht golden. Das eine oder andere Mal habe ich mich ertappt, wie ich einfach Dünen hinaufgelaufen und wieder heruntergerutscht bin, weil es einfach so geil aussah, wie ich im Sand meine Spuren hinterlasse. Auch wenn Journey von der Wüste in andere Settings wechselt (ich möchte nicht zu viel verraten), bleibt dieser Zauber erhalten. Dazu kommt ein Art-Design, welches es von Anfang an schafft eine mysteriöse, und viel wichtiger, glaubhafte und stimmige Welt zu schaffen. Kurzum, die Präsentation ist mit Abstand, das Beste, was Spiele momentan grafisch, musikalisch, sowie vom Design her zu bieten haben. Und dadurch wird Journey vom einfachen Spiel zum Erlebnis. Allein in den letzten Minuten feuert Journey ein atmosphärisches  Feuerwerk ab, was seinesgleichen sucht.

Aber Journey kann noch mehr. Gerade in Zeiten von überall anwesenden Besten- und Freundeslisten ist die Multiplayer-Komponente geradezu revolutionär, wie genial. Auf meiner Reise treffe ich zufällig auf andere Spieler, welche sich ebenfalls am selben Punkt ihrer Reise befinden. Keine Namen, keine Möglichkeit miteinander zu kommunizieren außer durch die Schreie. Alleine mein Handeln beeinflusst, wie gut, oder ob wir überhaupt weiter gemeinsam reisen. Zusammen reist es sich etwas schneller und erfahrene Spieler können Einsteigern zu noch nicht entdeckten Geheimnissen führen. Wenn sich der Spieler darauf einlässt. Ich kann es mir auch nicht erklären, wie es dazu kommt, aber ich noch keinem anderen Multiplayer-Titel habe ich eine stärkere Bindung zu meinem Mitspielern gefühlt als in Journey. Es ist unglaublich, wenn man relativ zeitig einen Mitspieler findet und bis zum Schluss die Reise gemeinsam vollzieht, denn man hat echt gemeinsam etwas erlebt. Ich habe bereits von einigen Mitspielern nach Journey eine Freundschaftseinladung erhalten und wir zocken heute noch gemeinsam andere Titel. Schön wenn ein Spiel so etwas schafft.

Bringen wir es auf dem Punkt. Ich liebe dieses….“Spiel“. Solch erhabene Schönheit ist in anderen Spielen nicht zu finden. Daher kann ich nur jedem, der bereit ist sich auf etwas anderes einzulassen. mit Nachdruck raten, sich Journey zu holen oder mindestens bei Freunden, welche Journey besitzen, wenigstens ein Mal zu erleben. Warum öfters spielen? Es gibt so viele Geheimnisse in Journey zu entdecken, sei es eine fehlende Glyphe, ein fehlendes Wandbild oder etwas anderes, dass es unmöglich ist alles auf einmal zu erleben. Auch habe ich festgestellt, dass das gesamte Erlebnis jedes Mal etwas anders ist, auch aufgrund der Mitspieler, welche man unterwegs trifft.

Pro:

- einfaches Spielprinzip

- unglaublich schöne und detailreiche Grafik

- noch schöneres Art-Design

- sogar noch schönere Musik

- einmaliges und fantastisches Spielerlebnis

- revolutionärer „Multiplayer“

- hoher Wiederspielwert, aufgrund versteckter Geheimnisse

Kontra:

- Spielzeit etwas kurz

- etwas zu leicht

Wertung: 10/10 
 

Ja auch trotz einiger offensichtlicher Schwächen kann ich nicht anders. Journey ist ein Meisterwerk!

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