Saints Row The Third: Hirn ausschalten, Spaß haben



Mit Saints Row The Third lieferten der Entwickler Volition, Inc. und der mittlerweile nicht mehr existierende Publisher THQ den bereits dritten Teil ihrer überaus beliebten Spielereihe. Bekannt sind die Spiele vor allem für ihre völlig überdrehte Inszenierung und ihren teils fragwürdigen Humor. Also müsste eigentlich daher schon mein Interesse daran geweckt sein. Da der Titel mittlerweile für gerade einmal 20 Euro zu haben ist, habe ich mich nun doch etwas verspätet an diesen Titel gewagt. Was soll ich sagen? Ich habe genau das erhalten, was ich erwartet habe. Mehr dazu im folgenden Test:

Ich muss vorher ehrlich gestehen, dass ich weder für die ersten beiden Titel, noch für dieses Spiel zunächst wirklich interessiert habe. Es gibt nur wenige Open-World-Spiele, die mir wirklich zugesagt haben und dann handelt es sich dabei meistens eher um klassische Rollenspiele wie Skyrim oder Action-Adventure wie Assassins Creed. Selbst ein GTA 4 konnte mich auf Dauer nicht wirklich fesseln. Warum das so ist kann ich nicht wirklich sagen, aber nach einer Weile ist bei mir dann meistens die Luft raus. Vielleicht brauche ich eher eine strenger geführte Handlung, als eine Welt voller Möglichkeiten. Das ist auch ein Grund, warum ich den Hype um GTA 5 nicht ganz mitmachen kann. Schon die Tatsache, dass man drei verschiedene Charaktere spielen kann, sorgt bei mir für die Sorge, dass der eigentliche Fokus total verloren geht. Aber ich schweife schon wieder zu sehr ab, immerhin geht es hier um Saints Row und nicht um mein Verhältnis zu Open-World-Spielen an sich. Ein positives Beispiel möchte ich aber abschließend noch nennen. Red Redemption hat es tatsächlich geschafft mich von Anfang bis Ende immer interessiert an der Stange zu halten UND gleichzeitig mir auch eine Welt zu bieten, deren Möglichkeiten ich auch tatsächlich genutzt habe.

Aber genug davon und zurück zu Saints Row The Third. Man spielt den Anführer der berühmten und berüchtigten Gang den „3rd Street Saints“. Durch die Erlebnisse der ersten beiden Titel, die ich nie gespielt habe, also kann ich dazu auch leider nichts sagen, sind die Mitglieder zu regelrechten Superstars geworden. So kann es schon einmal vorkommen, dass sie mitten in einen Bankraub erst einmal Autogramme verteilen, bevor sie weitermachen. Als einer dieser Überfälle dann leicht schiefgeht und sich weitere Banden in das Geschäft einmischen, tragen die Saints den Kampf nach Steelport. Nun geht es schließlich wieder darum, Stück für Stück die konkurrierenden Banden auszuschalten und sich ganz Steelport unter den Nagel zu reißen. Dabei haben die Saints ihre Rechnung aber ohne die ehrgeizige Bürgermeisterin von Steelport gemacht, welche die ganze Stadt kurzerhand abriegelt und das Militär auf den Plan ruft. Zeit noch mehr Chaos anzurichten.

So weit so gut. Der Plot dient in Saints Row sowieso nur als Aufhänger und rückt nie so wirklich in den Vordergrund. Eigentlich sollte man sich beim Spielen auch gar nicht so wirklich einen Kopf darüber machen, warum man das gerade tut. Ehrlich gesagt sollte das Hirn beim Spielen von Saints Row The Third von vornherein komplett auf die lebenserhaltenen Funktionen heruntergefahren werden. Geht man auch nur mit einem Funken Verstand an das Gebotene wird man kaum Freude an diesen Titel haben. Aber wollen wir als Spieler immer denken? Wollen wir alles nachvollziehen können und logisch erzählt haben? Oder geht es auch einfach einmal um den puren, sinnlosen, ja vielleicht auch total hirnrissigen Spaß am Spielen? Denn genau darum geht es in Saints Row The Third. Was dem Spieler geboten wird ist richtig gut spielbarer Blödsinn der Oberklasse, der aber aufgrund seiner extrem überzogenen Darstellung und dem teilweise grenzwertigen Humor, der ab und zu doch etwas nervig ist, unglaublich Spaß machen kann. Abgedrehter geht nicht. Dabei ist auch immer schön zu sehen Saints Row es schafft bekannte Open-World-Klischees so weit auf die Spitze zu treiben, dass man schon von einer gelungenen Parodie sprechen kann. Und genau das ist einer der großen Stärken des Titels. Er nimmt sich selbst zu keiner Sekunde ernst. Das spiegelt sich auch im Missionsdesign wieder. Ob man nun einen Tiger spazieren fährt (Da hat wohl ein Film als Vorbild hergehalten..) oder auf einer Kutsche sitzt, die von einem Kerl in SM-Montur angezogen wird sitzt oder in einer extrem pervertierten Version einer japanischen Fernsehshow mitspielt, Saints Row schafft es immer wieder Aufgaben und Situationen zu erschaffen, bei der sich mir die Frage stellt, was die Entwickler für Drogen genommen haben müssen, um auf solche Ideen zu kommen. Ebenso die Waffen fallen ähnlich übertrieben aus. Wolltet ihr schon immer einmal mit einem Riesendildo unschuldige Passanten verkloppen? Bitteschön! Mit komischen Tentakelviechern, die aus einer Art Bazooka geschossen werden, können Gegner auf eure Seite gezogen werden und so weiter. Das Portfolio an Kuriositäten ist enorm.

Ebenso kurios sind die Möglichkeiten einen ganz individuellen Charakter zu erstellen. Haarfarbe, Frisur, Statur, Hautton, Sexappeal (also was der Kerl in der Hose, bzw. die Frau im Körbchen hat) können nach Belieben und in allen Variationen eingestellt werden. Dazu kommen die vielen Kleidungsstücke und Tattoos, die man in den in der ganzen Stadt verteilten Läden kaufen kann. Dabei entstehen aberwitzige Charaktere, die der bereits total hirnrissigen Erzählung und Inszenierung in nichts nachstehen.

Was ist in einem Open-World-Titel noch wichtig? Klar die Spielwiese. Und hier ist Steelport im Vergleich zu einigen Titeln nicht ganz so auf der Höhe. Das liegt nicht etwa daran, dass die Stadt zu klein ist, oder es vielleicht nicht genügend Fahrzeuge gibt, sondern eher daran, dass neben den durchaus guten Missionen in Steelport nicht wirklich viel zu tun ist. Es gibt keine Minispiele wie in GTA 4 oder Red Dead Redemption. Die Interaktionsmöglichkeiten mit der Stadt sind stark eingegrenzt. Das ganze Gameplay basiert eigentlich wirklich nur darauf, wie abgedreht das Ganze ist. Aber wirklich mehr als Passanten verhauen und Autos in die Luft jagen, kann man neben den Missionen in Steelport nicht tun. Okay das stimmt nicht ganz. Die Läden und andere Immobilien der Stadt können erworben werden um die stündlichen Einnahmen zu erhöhen und um den Einfluss im jeweiligen Gebiet zu steigern. Das ist etwas schade, da so viel Potenzial verloren geht. Auch das Gameplay ist ein zweischneidiges Brett. Auf der einen Seite macht es echt Spaß den ganzen Unsinn anzustellen. Aber irgendwie hat mir der letzte Feinschliff gefehlt. Das Gunplay ist nicht ganz ausgereift, aber dennoch besser als in GTA 4. Die Gegner sind mindestens genauso blöd wie der ganze Plot und Fahrzeuge fahren sich alle gleich, nur das einige halt schneller sind.

Zur Grafik ist auch nur relativ wenig zu sagen. Die ist, meiner Meinung nach, lediglich zweckmäßig. Charaktermodelle wirken bei genauerem Hinsehen veraltet und die Animationen hätten doch an vielen Stellen feiner ausfallen können. Explosionen sind… naja reden wir nicht weiter drüber. Allerdings wirkt Steelport im Ganzen stimmig und oberflächlich dann doch ganz schick. Auch aufgrund der Fülle an überzogener Action, die auf den Bildschirm dargestellt werden, bleibt dem Spieler gar nicht die Zeit auf solche Feinheiten zu achten. Die Inszenierung und Darstellung macht einiges an technischen Schwächen wett. Schade ist aber auch, dass es auf der PS3 dann doch ab und zu deutlich spürbaren Framerate-Verlusten kommt.

Saints Row The Third ist technisch nicht mehr ganz auf der Höhe. Steelport bietet weitaus weniger Interaktionsmöglichkeiten als Schauplätze anderer Titel. Aber die total irrwitzige Story und die überdrehte Erzählung und Inszenierung machen einiges wett. Wenn man tatsächlich dazu in der Lage ist sein Hirn komplett abzuschalten, macht Saints Row richtig Spaß. Für mich ist der Titel jedenfalls genau das richtige um nach einem Arbeitstag einfach mal wieder runterzukommen und komplett abzuschalten. Wirklich lange halte ich diesen Blödsinn und das unterirdische Niveau zwar auch nicht aus. Aber für ein bis zwei Stunden puren Spielspaß ist Saints Row The Third perfekt! Und mehr möchte man als Spieler ja auch nicht immer, oder?

Pro:
- irrwitzige, total überdrehte Inszenierung, die sich selbst nicht ernst nimmt
- Parodie bekannter Open-World-Titel
- viele (auch sehr lustige) Möglichkeiten den Charakter anzupassen
- abwechslungsreiches Missionsdesign
- grenzwertiger, derber Humor
- kurzweiliger Spaß

Kontra:
- Humor dann doch ab und zu extrem niveaulos (manchmal nervig)
- Technik nur zweckmäßig
- wenige Interaktionsmöglichkeiten mit der Spielwelt
- fehlendes Niveau hindert mich daran lange zu spielen

Wertung: 6,5/10



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