Der Hüter der Erinnerung ist mal wieder so ein Film, der sich
unauffällig in meine Watchlist gemogelt hat und der mir überhaupt nichts sagte.
Auf den ersten Blick scheint das Sci-Fi Abenteuer vom Regisseur Phillip Noyce
voll auf den Panem-Zug mit aufzuspringen. Die Parallelen sind kaum zu verstecken.
Dazu ein wenig Equilibrium et violà, das ist Der Hüter der Erinnerung. Im Kern spricht der Film Themen an, die
mich persönlich ansprechen und auch die Optik weiß überwiegend zu überzeugen. Klingt
soweit alles super? Lest weiter!
Die Geschichte stammt aus dem
gleichnamigen Roman von Lois Lowry. Da ich das Buch allerdings nicht kenne,
kann ich den Film nicht als Buchumsetzung bewerten. Viel mehr bin ich zu
Abwechslung ganz unvoreingenommen mit der Geschichte konfrontiert wurden. Und
diese macht auf den ersten Blick sogar einen richtig guten Eindruck. Nach den
vielen Kriegen und Gräueltaten der Menschheit in der Vergangenheit hat sich eine
scheinbar perfekte Welt gebildet. Eine Welt in der Menschen alle gleich sind.
Alle Menschen tragen dieselben Klamotten, alle leben in denselben Häusern und
sie alle fahren dasselbe Fahrrad. Sogar um ihre Zukunft müssen sie sich keine
Sorgen machen, denn der Rat der Ältesten entscheidet an ihren 16. Geburtstag
über die weitere Rolle in der Gemeinschaft. So werden einige zur Aufzucht von
Neugeborenen eingeteilt (oder sogar zum Gebären von Kindern – BIITE WAS?! Gibt
es dann auch Zuchtbu… ähm –Menschen?) und andere werden Drohnen-Pilot. So sind
auch der 16 jährige Jonas und seine Freunde mehr als aufgeregt, denn schon bald
werden sie wissen, was ihre Rolle in der Gemeinschaft werden wird. Vor allem
aber Jonas hat richtig Angst. Er scheint nirgends so richtig reinzupassen. Ist
anders. Als er dann bei der Zeremonie scheinbar vergessen wird, verdichten sich
seine Zweifel. Doch ihm wird eine besondere Position zugewiesen. Er soll der
neue Hüter der Erinnerungen werden. Derjenige, der als einziger das Wissen über
die Vergangenheit verfügt. So beginnt seine Ausbildung und Jonas beginnt am
System zu zweifeln. Bis er sich zu einem drastischen Schritt entscheidet.
Dabei scheut sich Der Hüter der Erinnerung nicht davor
Themen wie das Unterdrücken von Gefühlen mit Hilfe von Drogen, die den
Bewohnern zwangsweise verabreicht werden oder gar dem Töten von schwachen
Neugeborenen und Alten zurück. Alles dient dem Wohl der Gemeinschaft. Insgesamt
muss ich sagen, dass mir die Story, die mich besonders an einer Stelle doch
schockieren konnte, sehr gut gefallen hat. Ich hatte befürchtet, dass der
Teenie-Ansatz wieder zu sehr in Herzschmerz Regionen abdriftet, wurde aber zum
Glück eines Besseren belehrt. Natürlich darf eine aufkeimende Liebesgeschichte
nicht fehlen, diese nimmt aber keinen allzu großen Platz ein und das Entdecken
von Emotionen macht im Kontext sogar Sinn. Nur wirkt das Geschehen in den
letzten Minuten des Films viel zu gehetzt. Es wird sich viel Zeit gelassen, um
die Welt einzuführen, am Ende ist ihnen aber gefühlt die Zeit ausgegangen. So
folgen einige merkwürdige Sequenzen, die das Ende mehr als nur fragwürdig
erscheinen lassen und die gute Erzählung in meinen Augen ein wenig zunichte
gemacht haben. Vieles passiert einfach, ohne Erklärung und viel zu einfach
aufgelöst. Schade, denn da wäre bedeutend mehr drin gewesen.
Der Gleichmachungsansatz der
Story ist auch filmisch sehr interessant umgesetzt. So beginnt der Film schwarz
weiß und beginnt mit dem Entdecken der Emotionen an Farbe zu gewinnen. So eine
Bildsprache gefällt mir. Schauspielerisch bieten die Jungdarsteller den
gewohnten Standard. Großartige schauspielerische Leistungen sollte keiner erwarten.
Vor allem aber eine Meryl Streep als Chefälteste bleibt hinter meinen
Erwartungen zurück. Auch die musikalische Untermalung kommt nicht über das
gewohnte Mittelmaß hinaus. Nichtsdestotrotz muss ich sagen, dass Der Hüter der Erinnerung durchaus in
der Lage ist schöne Bilder auf den Bildschirm zu zaubern und ich beim Zuschauen
mir nie eine bessere filmische Umsetzung gewünscht habe. Nur Wunder sollte
keiner erwarten.
Mein Fazit zu Der Hüter der Erinnerung? Die Kritik
liest sich bisher gar nicht so übel und das könnte ich auch so voll
unterschreiben, wenn das gehetzte Ende nicht wäre. Wie gesagt, ich kenne die
Buchvorlage nicht und weiß nicht inwiefern sich an die Vorlage gehalten wurde,
aber das Ende lässt verdammt viele Fragen unbeantwortet, wirkt unglaubhaft und
einfach viel zu eilig dahin geschmissen. Was echt schade ist, denn im Kern
steckt da wirklich sehenswerter Film mit einer interessanten Geschichte drin.
Pro:
+ äußerst interessanter
Story-Ansatz
+ ufert nicht in den gewohnten
Herzschmerz-Teenie-Schmalz aus
+ scheut sich nicht vor harten
Themen (und Bildern)
+ schöne Bildsprache
Kontra:
- schauspielerisch höchstens
durchschnittlich
- viel zu gehetztes,
unbefriedigendes, unglaubhaftes Ende
Wertung: 6/10
Ja das Ende versaut dann doch
einen wirklich großen Teil des ansonsten guten Films. Aber wie sagt man so
schön, der letzte Eindruck prägt das gesamte Erlebnis.
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