Gestern habe ich ja schon meine
Meinung zu A Machine For Pigs dargestellt. Heute ist der Vorgänger The Dark
Descent an der Reihe. Bereits gestern habe ich darauf hingewiesen, dass die
Entwickler von The Chinese Room einige Mechanismen des Erstlings über Bord
geworfen haben. Aber waren diese Elemente von Frictional Games damals wirklich so schlecht, dass man sie entfernen
musste? Ist The Dark Descent vielleicht sogar das bessere Amnesia? Und wie
sieht es mit dem Horror aus? Auf genau diese Fragen möchte ich jetzt eingehen.
Die grundlegende Idee war auch
damals schon die gleiche. Der Spieler erwacht orientierungslos und ohne jede
Erinnerung in einem alten Gemäuer und muss im Laufe des Spiels nicht nur seine
eigenen Erinnerungen auffrischen, sondern so ganz nebenbei eine böse Macht
aufhalten. Dass er auf seinem Weg nicht nur das ein oder andere Rätsel lösen
muss, sondern auch noch einigen Gefahren ausgesetzt ist, versteht sich von
selbst. Im Erstling ist der Pechvogel ein Mann namens Daniel. Wir schreiben das
Jahr 1839 (also auch zeitlich vor A Machine For Pigs) und Daniel erwacht auf Schloss
Brennenburg in Preußen. Warum ist er dort, was hat sich hier abgespielt und wer
treibt sich noch im Schloss herum?
The Dark Descent schafft es vom
ersten Moment an eine beklemmende und vor allem bedrohliche Atmosphäre zu erzeugen.
Man fühlt sich einfach nie sicher, stößt immer wieder auf etwas, das einem
sofort denken lässt, dass man in unmittelbarer Gefahr schwebt. Da sind auf
einmal geöffnete Türen wieder geschlossen, ein Klavier beginnt zu spielen und
so weiter. Auch wenn die meiste Zeit nichts passiert. Die erzeugte
Grundspannung ist enorm und wenn dann doch etwas passiert ist der erzeugte Schreckmoment
umso effektiver.
Genau diese zum Schneiden dichte
Atmosphäre erzeugt auch A Machine For Pigs. Allerdings ist schafft es The Dark
Descent die Angst noch stärker zu etablieren als der Nachfolger. Das liegt vor
allem an genau den Mechanismen, die A Machine For Pigs weggelassen hat. Da wäre
zu einem das penible Ressourcenmanagement. Daniels Lampe braucht Öl, sonst
erlischt sie. Zum Glück kann er Kerzen und Fackeln entzünden. Dafür benötigt er
aber Zunderbüchsen, welche jedenfalls zu Beginn des Abenteuers äußerst rar
sind. Naja was soll’s, dann geh ich halt im Dunkeln? Was in A Machine For Pigs
keine Auswirkungen zeigt, ist für Daniel noch der reine Horrer. Bleibt er zu
lange im Dunkeln verschlechtert sich sein Geisteszustand. Das Bild verschwimmt
und es ist nahezu unmöglich noch gut zu manövrieren. Also, im Licht bleiben! Nur
doof, dass man dort von den umherstreifenden Schlossbewohnern entdeckt wird.
Wie lange kann ich mich im Dunkeln verstecken, bis ich irre werde? Oder
riskiere ich lieber entdeckt zu werden? Auf diese Weise wirken die
Aufeinandertreffen deutlich intensiver als in A Machine For Pigs. Außerdem
sorgt dieser Ressourcenmangel dazu, dass ich noch mehr in diese Welt gesaugt
werde, da ich einfach jeden Winkel untersuchen muss, um an die Wertvollen
Zunderbüchsen und das Lampenöl zu kommen.
Auch die Rätsel sind deutlich
größer und umfangreicher. So liegt der gesuchte Gegenstand nicht gleich neben
der Stelle an dem man ihn braucht. Da kann es schon vorkommen, dass man durch
mehrere Areale streifen muss, um alle notwendigen Hilfsmittel zu finden.
Dadurch ist The Dark Descent zumindest spielerisch deutlich stärker als A
Machine For Pigs. Das kommt allerdings mit einem Preis. Es ist nicht immer ganz
klar, was vom Spieler erwartet wird und wichtige Gegenstände liegen teilweise
unauffällig in irgendeiner Ecke. Das stört den Spielfluss und somit die Erzählung.
So bin ich an einer Stelle fast eine Stunde hin und her gelaufen, um per Zufall
herauszufinden, dass ich eine Scheibe einschlagen und durch das Fenster
klettern muss. Ich wusste gar nicht, dass das geht und das Spiel hatte es auch
irgendwie versäumt mir das auf irgendeine Art und Weise erkenntlich zu machen.
Solche Trial and Error Stellen gibt es leider einige. Hat man die Lösung
gefunden, ergibt zwar alles einen Sinn, aber ein wenig Hilfe wäre ganz gut
gewesen. Fairerweise muss ich sagen, dass etliche Reviews bemängeln, die Rätsel
wären zu leicht… Vielleicht bin ich ja auch einfach nur zu doof.
Grafisch zeigt sich das gleiche
Bild wie in A Machine For Pigs. Im Detail ist The Dark Descent kein schönes
Spiel. Betrachtet man aber die detailreich gestalteten Räume, das in sich
absolut stimmige Design und die hervorragende Lichtstimmung, so entwickelt
Amnesia - The Dark Descent seine ganz eigene Schönheit.
Mit Amnesia – The Dark Descent
hat Frictional Games einen er effektivsten Horror-Titel der letzten Jahre auf
den Markt gebracht. Die bedrohliche Atmosphäre und das stetige Gefühl der Angst
sind von sehr hoher Qualität. Die Spielmechaniken schaffen es den Spieler noch
weiter in die Welt abtauchen zu lassen. Auch wenn die Geschichte rund um Daniel
mich am Ende etwas enttäuscht hat, ging es doch mehr um den Prozess und den Weg
zum Ziel. Und der war fantastisch.
Abschließend noch ein paar Worte
zum direkten Vergleich der beiden Amnesia-Spiele. War der Erstling noch mehr
Spiel als sein Nachfolger, so hat mir die Geschichte und die Erzählweise von A
Machine For Pigs besser gefallen. Jetzt fehlt nur noch eine Mischung der besten
Elemente beider Titel und wir erhalten ein Meisterwerk. Bis dahin, viel Spaß
beim gruseln!
Pro:
- äußerst dichte, bedrückende und
bedrohliche Atmosphäre von der ersten Minute an
- anfangs spannende und
mysteriöse Geschichte
- knappe Ressourcen erzeugen
zusätzliche Spannung und motivieren zum Erkunden der Spielwelt
- logische und gut durchdachte
Logikrätsel
- tolles Spiel mit Licht und
Schatten
Kontra:
- Spielfluss durch Trial and
Error Passagen gestört
- wenige Hinweise, teils undeutliche
Interaktionsmöglichkeiten
- Horrormomente nutzen sich ab
Wertung: 8,5/10
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