Wirklich gute Horror-Spiele sind
mittlerweile Mangelware. Konnte man sich
vor einigen Jahren noch darauf verlassen, dass einem die Resident Evil oder
Silent Hill Spiele noch so richtig das Fürchten lehren können, so erreichen sie
das nur noch durch ihre qualitativen Eigenschaften. Zum Glück dringen immer
mehr kleine Entwicklerstudios auf den Markt, welche dieses Genreloch
einigermaßen stopfen. So erschien vor einigen Wochen mit Amnesia – A Machine
For Pigs, neben dem Schocker Outlast, ein Nachfolger des im Jahre 2011
erschienenen Überraschungserfolg Amnesia – The Dark Descent. Nun stellt sich
die Frage, ob das zweite Spiel noch dieselbe bedrückende Atmosphäre und Grusel
wie der Erstling aufbauen kann.
Wurde The Dark Descent damals
noch von Frictional Games entwickelt, so steht hinter A Machine For Pigs das
kleine Entwicklerstudio The Chinese Room, welches unter anderem für Dear Esther
verantwortlich ist. Diese warfen einige Spielelemente des Vorgängers über Bord,
vereinfachten das Gesamtkonzept und legten den Fokus deutlich auf die
Erzählung. Was bleibt ist, dass A Machine For Pigs spielerisch deutlich weniger
zu bieten hat als The Dark Descent. Ich werde im Anschluss an diesen Artikeln
noch einen Bericht zum Erstling veröffentlichen, weil mich A Machine For Pigs
zum erneuten Durchspielen seines Vorgängers animiert hat. In diesem Beitrag
werde ich dann genauer auf die Mechaniken von The Dark Descent eingehen. Aber so
viel sei verraten. Das penible Ressourcen-Management aus dem Erstling wurde
komplett gestrichen. Auch spielt die mentale und körperliche Verfassung des Protagonisten
keine Rolle mehr. Ist A Machine For Pigs deswegen ein schlechtes Spiel? Auf
keinen Fall! Dazu jetzt mehr.
Beginnen wir mit der Geschichte.
Wir spielen Mandus. Wie bereits im ersten Spiel erwachen wir ohne Erinnerungen
in einem dunklen Zimmer. Nach und nach erfährt Mandus wer er ist, in welcher
Zeit er lebt und was eigentlich passiert ist. Denn überall in seinem Haus
finden sich Blutspuren und seltsame versteckte Räume. Was hat das alles zu
bedeuten und wo sind seine Söhne, die nach ihm Rufen und gefunden werden
wollen? Wer ist dieser mysteriöse Mann, der am Telefon zu ihm spricht? Und wozu
dient der riesige Mechanismus, den er selbst gebaut zu haben scheint? All diese
Fragen sollen vom Spieler aufgedeckt werden. Dabei wird die Geschichte über
Zettel und Tagebuch-Einträge, Audiographen im Stile eines Bioshock und vor
allem durch die Umgebung an sich erzählt. Und diese Geschichte ist es, welche
den eigentlichen Horror in sich trägt. Je mehr man aufdeckt, umso mehr eröffnen
sich einen die schrecklichen Geschehnisse für die der Protagonist selbst
verantwortlich ist. Bringen wir es auf den Punkt. Die Geschichte und die Erzählung
in A Machine For Pigs sind einfach sehr gut. Besser als im Vorgänger. Durch die
Vereinfachung der Spielmechaniken kann sich das Spiel und natürlich auch der
Spieler viel mehr auf die Geschichte einlassen und sich von ihr leiten lassen.
Dafür nehme ich auch gerne in Kauf, dass A Machine For Pigs sehr linear ist.
Wenn es der Erzählung gut tut, gerne.
Ebenso verhält es sich mit der Atmosphäre des
Spieles. Auch wenn eigentlich gar nicht viel passiert, wird man an den
Bildschirm regelrech gefesselt. A Machine For Pigs schafft es mit liebevoll und
extrem detailvoll gestalteten Umgebung (vor allem zu Beginn des Spieles) eine
unglaublich dichte und packende Atmosphäre aufzubauen. Hinzu kommt eine nahezu
perfekte Musikuntermalung. Wenn auf einmal ein Klaviersolo ertönt, läuft es
einem eiskalt den Rücken herunter. Auch wenn eine wirkliche Bedrohung lange auf
sich warten lässt, verspürt man zu jeder Zeit eine gewisse Grundspannung und Angst.
„Da ist doch bestimmt etwas!“, „Was wartet nur hinter dieser Ecke auf mich?“
Meisten erwartet ein nichts, aber wenn dann tatsächlich eine Bedrohung auftaucht,
ist der Horror deutlich intensiver als in einem Resident Evil, welches mich mit
Ungeziefer bombardiert. Zudem trägt die Tatsache, dass Mandus keinerlei Mittel
hat sich zu verteidigen dazu bei, dass der Spieler tatsächlich Angst vor möglichen
Bedrohungen hat. Dann heißt es verstecken oder weglaufen. Vor wem? Das möchte
ich an dieser Stelle nicht verraten.
Was macht man als Spieler aber
noch, außer von Raum zu Raum zu streifen, Zettel zu sammeln und ab und zu sich
zu verstecken? Wie bereits im Vorgänger muss zum Weiterkommen das ein oder andere
Rätsel gelöst werden. Diese fallen aber im Vergleich zum Vorgänger deutlich einfacher
aus. Gegenstände, die zur Lösung des Problems benötigt werden, befinden sich
meistens in unmittelbarer Nähe und wirklich viel Hirnschmalz erfordern sie auch
nicht. Das ist spielerisch natürlich etwas ernüchternd. Vor allem nach den
teils sehr anspruchsvollen (jedenfalls für mich) Rätseln des Vorgängers. Aber
es verhilft auch zu einem flüssigeren Spielverlauf. Während ich in The Dark
Descent das ein oder andere Mal richtig festhing und gefühlte Ewigkeiten nach
der Lösung gesucht habe, konnte ich A Machine For Pigs einfach durchgehend
genießen. Ein wenig mehr Anspruch wäre aber doch ganz schön gewesen.
Grafisch hat sich im Vergleich zum Vorgänger
nichts getan. Bereits damals konnte Amnesia keine Schönheitswettbewerbe
gewinnen. Teils schwach aufgelöste Texturen und veraltete Charaktermodelle fallen
zwar auf, fallen aber dank der detailreichen Umgebungen, der packenden Atmosphäre
und der ganz guten Beleuchtung nicht so stark ins Gewicht. Nur etwas mehr Abwechslung
in der zweiten Hälfte wäre wünschenswert gewesen. Das Herrenhaus zu Beginn hat
mir deutlich mehr zugesagt als die schmalen Gänge und rostigen Rohrleitungen
der unterirdischen Maschine.
Was bleibt also abschließend zu
sagen? Amnesia – A Machine For Pigs ist mehr ein interaktives Erlebnis als
Spiel. Spielerlisch ist eindeutig ein Rückschritt im Vergleich zu The Dark
Descent. Erzählerisch hat Amnesia aber ordentlich zu gelegt. Auch wenn der
Horror weniger durch das Spiel und die Handlungen an sich erzeugt wird, kann
die Geschichte und die Atmosphäre ein Grauen erzeugen, dass bei mir effektiver
gewirkt hat als im Vorgänger. Simple Erschrecker durch Monster sind längst
nicht so effektiv wie die menschliche Vorstellungskraft, die sich ausmalen
kann, was sich an den besuchten Orten abgespielt hat. So gilt auch wie bei
Horror-Filmen, das was man nicht sieht erzeugt den Schrecken. Nicht das was man
sieht. Darin ist A Machine For Pigs ganz stark
Pro:
- packende, düstere Geschichte
- beklemmende und bedrohliche
Atmosphäre
- effiziente Horrormomente
- Horror spielt sich im Kopf des
Spielers ab
- Ende, dass zum Nachdenken und
Diskutieren einlädt
Kontra:
- kaum wahre Spielmechaniken
- zu einfache Rätsel
- Bedrohung verliert zu schnell
das geheimnisvolle
- Gegner-KI leicht auszutricksen
Wertung: 7,5/10
Was ist eure Meinung? Habt Ihr beide Amnesia Teile gespielt und welches gefällt euch besser? Schreibt es mir in den Kommentaren. Ich würde mich sehr freuen.
Ich finde, dass der Amnesia AMFP in sämtlichen Belangen ein großer Rückschritt ist. Ich kann nachvollziehen, dass du die Geschichte besser findest als die vom Vorgänger, aber ich war und bin kein Fan vom Durchstöbern von ellenlangen wahnwitzigen Notizen, da in bisher sämtlichen Spielen allein die Hülle und Fülle derer dazu geführt haben, dass bei mir einfach krasse Langeweile ausgelöst wurde. Hingegen lese ich Schriftstücke in "The Last of Us" gerne und freue mich über jedes Einzelne, weil sie a) dezent platziert worden sind und b) allein die Akteure und die Welt viel mehr zu einem spricht.
AntwortenLöschenHier kommt nur "Wir haben uns keine Mühe gegeben, sorry" zustande. Da war Outlast definitiv besser. Vor allem was Leveldesign (hier unheimlich repetitiv) angeht. Auch kann ich hier mit Schubladen, Stühlen und Schweinskadavern rumhantieren, aber alles andere Interessante kann nicht angefasst werden = schwach. Dazu kommt noch die Lampe, die nun nie leer wird und ein Inventar, was nicht vorhanden ist. Man hat quasi alles dezimiert, was noch Spaß gemacht hat und das Ding zu einer One-Way-Gruselachterbahn umgewandelt. Und gemeine Experimente aka Schweinswesen? Naja... ich kenne Tiere, die besser zum Fürchten prädestiniert sind bzw. würde eher mit Mutationen oder am besten gar nicht mit diesem Realismus-Ansatz kommen.
Silent Hill funktioniert übrigens in Downpour wieder hervorragend, nachdem die Ballerbude "Homecoming" und der absolute Fehltritt "Book of Memories" zum Facepalm geführt haben. Der Soundtrack ist unheimlich, der Nebel bzw. Regen funktioniert gut. Die Monster sind furchteinflößend, die Orte und Nebenquests seeeeeeeeehr unheimlich... und bei einigen Häusern habe ich auch nach dem dritten Durchspielen noch ein verdammt schlechtes Gefühl im Magen.
Mal gucken was Routine, Among the Sleep und Dreadout noch so bringen. :)
Eigentlich mag ich auch keine überflüssige Zettelwirtschaft. Aber da Amnesia sich ja fast ausschließlich darüber erzählt, kommt man drumherum. Sicherlich gibt es in spielen bessere Möglichkeiten eine Geschichte zu erzählen, aber wenn man sich darauf einlässt und sich die Zeit zum lesen nimmt, kann das doch schon sehr interessant sein. Ich fand die Texte gar nicht so schlecht, auch wenn ich ehrlicherweise sagen muss, dass ich die meisten dann doch nur überflogen habe.
LöschenIn "The Last of Us" fand ich die Texte übrigens auch sehr gut. Alleine die Tatsache, dass so kleine Nebengeschichten erzählt wurden und die Fundstücke auch gut größtenteils kommentiert werden, macht die Suche nach den Zettelchen interessant.
Zu Outlast kann ich leider nicht sehr viel sagen, dazu habe ich nur ein paar Folgen Let's Plays gesehen. Sah aber wirklich sehr gut aus. Mal schauen, ob ich das noch nachholen kann.
Und so wie du das beschreibst, sollte ich Silent Hill mal wieder eine Chance geben. Teil 4 war das letzte Spiel der Serie, das ich gespielt habe. Danach hat es mich irgendwie nicht mehr interessiert. Aber was du da beschreibst, klingt auf jeden Fall interessant.
Ich bin ja auch auf The Evil Within gespannt.