Bringen wir den offensichtlichen
Vergleich gleich im Intro unter. Nioh orientiert sich sehr stark an From
Softwares Souls-Formel. Das versuchen sie auch gar nicht zu verbergen. Aber
kann man das Spiel dann auch gleich als Samurai-Souls abstempeln? Ich finde
nein. Und warum das so ist, erfahrt ihr in diesem Review. Viel Spaß!
Dämonen, Schutzgeister und ein Bürgerkrieg
Ihr schlüpft in die Haut des englischen
Piraten William. Dieser befindet sich zu Beginn des Spiels im The Tower of London
und so besteht eure erste Handlung darin, aus dem Kerker auszubrechen. Die Parallelen
zum Undead Asylum sind dabei auch wieder sehr offensichtlich. Während seiner Flucht
trifft unser Held auf Edward Kelley. Nach einem Kampf raubt uns dieser unseren
Schutzgeist, da ihn dieser zum wertvollen Amrita führen soll. Das können wir so
natürlich nicht auf uns sitzen lassen. Wir nehmen die Verfolgung auf und landen
im feudalen Japan, wo ein verheerender Bürgerkriegt tobt.
Schutzgeister und Amrita?
Basierend auf historischen Ereignissen erzählt Nioh eine Geschichte, die voller
fantastischen Elementen und japanischer Folklore ist. Amrita ist eine äußerst
seltene Resource, die dem Besitzer erhebliche Macht verleihen kann.
Schutzgeister sind Wesen, die sich an bestimmte Menschen binden, um sie mit
übersinnlichen Fähigkeiten zu unterstützen. Aufgrund des japanischen Bürgerkrieges
stürmen die Yokai, japanische Dämonen, die fernöstliche Insel. All diese
fantastischen Elemente werden mit Auftritten von realen historischen
Persönlichkeiten gewürzt. So beruht unser Protagonist William auf seinen
Namensvetter William Adams und allerhand legendäre Samurai wie Hattori Hanzo oder
Ishida Mitsunari kreuzen unseren Weg. Da ich mich mit der japanischen Geschichte
aber so gar nicht auskenne, kann ich diesen Aspekt nicht beurteilen.
Was ich aber beurteilen kann, ist
die grundlegende Qualität der Geschichte und da muss ich leider sagen, dass ich
nicht überzeugt bin. Sie wird deutlich direkter erzählt als im großen Vorbild,
aber wirklich verstanden habe ich sie trotzdem nicht. Ob es an den schwer zu
merkenden japanischen Namen, der zerklüfteten Erzählstruktur oder einfach daran
liegt, dass im Grunde gar nicht viel zu erzählen gibt, kann ich nicht genau
definieren. Fakt bleibt, die Geschichte hat mich nie wirklich interessiert.
Alte Formel, neu durchdacht
Viel mehr hat mich das überaus
gelungene Gameplay an die Konsole gefesselt. Aufbauend auf den Souls Mechaniken
hat Nioh es geschafft noch komplexer, tiefgründiger und zeitweise auch spaßiger
zu werden.
Was ist gleich? Nioh ist
bockschwer. Ihr müsst mit eurem Stamina (hier Ki genannt) haushalten, ausweichen,
blocken und zum richtigen Zeitpunkt angreifen. Sterbt ihr, verliert ihr all
euer Amrita (Niohs Pendant zu Dark Souls Seelen) und ihr habt einen Versuch die
am Ort des Todes wieder zu erlangen. Amrita braucht ihr im Spiel natürlich
wieder dringend zum Aufleveln. Das geschieht an Schreinen, die die Leuchtfeuer
ersetzen, euch bei Benutzung heilen, aber auch alle Gegner wiederbeleben.
Da hören die Gemeinsamkeiten aber
auch auf. Nioh ist in vielerlei Hinsicht komplexer als das Vorbild. Das fängt
beim Kampfsystem an. Nicht nur spielt sich Nioh sehr viel schneller, durch die
Möglichkeit Kombos und Fähigkeiten zu erlernen, hat man eher das Gefühl ein
herkömmliches Hack’n’Slay zu spielen. Mit Hilfe von drei Haltungen (tief,
mittel und hoch) könnt ihr bei jeder Waffe zudem in drei Stufen zwischen
Schaden und Geschwindigkeit umherschalten. Das bringt eine sehr willkommene
taktische Komponente in das bereits komplexe Kampfsystem. Ist euer Ki
aufgebraucht könnt ihr durch Haltungswechsel einen Teil sofort zurückerlangen. Habt
ihr genug Amrita gesammelt, könnt ihr zudem euren Schutzgeist nutzen, um
Spezialattacken zu starten. Es gibt noch viele weitere Mechanismen, auf die ich
aber gar nicht weiter eingehen möchte. Die Kämpfe in Nioh sind fordernd, extrem
komplex, taktisch und machen einen riesen Spaß! Jedenfalls meistens, aber dazu
später mehr…
Zudem lassen Gegner zufallsbasierten
Loot fallen. Zwar gibt es nur eine Handvoll verschiedener Waffentypen, aber
durch die vielen Attribute, Vor- und Nachteile findet man andauernd etwas
Neues. Es dauert nicht lange und schon steckt man in der Diablo-Sucht-Spirale
auf der Suche nach der besten Ausrüstung. Die kann dann beim Schmied noch
weiter verbessert werden. Sogar das Aussehen der Ausrüstung lässt sich verändern.
So habt ihr genug Mittel euren Samurai nach Belieben zu erstellen.
Am meisten unterscheidet sich
Nioh aber beim Leveldesign von der Souls-Serie. Ihr habt keine offene,
zusammenhängende Spielwelt, sondern eine Reihe von in sich abgeschlossenen
Missionen, die auf einer Weltkarte ausgewählt werden. Die einzelnen Missionen
und Gebiete sind zwar ansprechend und abwechslungsreich inszeniert, es will
dabei aber nie ein echter Spielfluss aufkommen. Zumal die teils arg repetitiven
Nebenmissionen, die euch in bereits bekannte Gebiete führen den Spielfortschritt
immer wieder abbremsen. Warum solltet ihr die Nebenmissionen aber spielen? Um
weiter im Level aufzusteigen und bessere Ausrüstung zu finden, damit ihr auch
gewappnet seid, die nächste Hauptmission anzutreten. Ich persönlich ziehe eine
offene, zusammenhängende Spielwelt auf jeden Fall vor. Trotzdem muss ich
gestehen, dass vor allem die Hauptmissionen mit durchdachten Maps samt
gewohnten Abkürzungen und Geheimnissen überzeugen können.
Zwischen Rausch und Frust
Das eigentliche Highlight stellen
aber auch hier die Bosskämpfe dar. Jede Mission endet mit einem besonders
schweren Brocken. Dabei werden sämtliche Fähigkeiten abverlangt, die euch das
Spiel zur Verfügung stellt.
Und hier muss ich leider auch
wieder etwas meckern, da die Qualität und in meinen Augen auch das Balancing
und die Fairness der Bosskämpfe arg schwankt. Es gibt einige wirklich
herausragende Kämpfe, aber leider auch einige, die einfach nur nerven. Besonders
menschliche Gegner, die hyperaggressiv, schnell und beinahe unendlich lange
Lebensbalken aufweisen, können extrem frustrierend werden. Auch halten sich
nicht alle Gegner an die vom Spiel auferlegten Regeln. Sie können mit leeren Ki
Attacken starten, erholen sich sehr viel schneller oder können einfach durch
den eigenen Körper hindurch clippen. So habe ich einige Kämpfe nur durch pures
Glück gewonnen. Da kommt auch nicht das gewohnte Erfolgsgefühl auf, sondern
eher ein „Boah endlich“. Und das darf für meinen Geschmack einfach nicht sein.
Wenn sich das Erfolgsgefühl dann
aber mal einstellt, ist es gewohnt überwältigend. Die meisten Bosskämpfe sind
sehr abwechslungsreich, großartig designt und immer wieder ein wahrer Nervenkitzel.
Nur schießt man leider zu oft über das Ziel hinaus.
Feudale Pracht
Auf der technischen Seite habe
ich kaum etwas auszusetzen. So könnt ihr zwischen einem Kino oder Performance
Modus wählen. Der erste stellt die Grafik in den Fokus und variiert dann die
Framerate, wobei 30 fps angepeilt werden. Empfehlen kann ich aber nur den Performance
Modus. Dieser sorgt für stabile 60 fps, reduziert dabei aber ein wenig die
Details. Ich spiele auf einer normalen PS4 und muss zugeben, dass mir die
optischen Unterschiede beider Modi kaum aufgefallen sind und mir die flüssigere
Bildrate dann doch viel wichtiger war. Vor allem wenn es um sekundengenaue
Reaktionen geht, hilft die höhere Bildrate enorm. Dass diese dann auch wirklich
immer stabil geblieben ist, hat mir richtig gut gefallen.
Richtig gut gefallen hat mir auch
die Kulisse. Das feudale Japan sieht einfach wunderschön aus. Und das trifft
nicht nur auf die Landschaften, sondern vor allem auch auf die Ausrüstung zu.
Das grundlegende Design von Nioh ist fantastisch. Zwar ist Nioh kein wahres
Grafikwunder, aber ich bin hier voll zufrieden.
Der Soundtrack ist mir mal wieder
so gar nicht im Gedächtnis geblieben. Da gibt es kleine Abzüge.
Natürlich dürft ihr euch auch hier ein Video anschauen:
Natürlich dürft ihr euch auch hier ein Video anschauen:
Fazit
Es sollte deutlich geworden sein,
dass man Nioh nicht als Samurai-Souls abstempeln sollte. Ja es orientiert sich
am großen Vorbild, kann dieses in manchen Aspekten aber sogar übertrumpfen. Das
Kampfsystem und die Rollenspiel-Aspekte sind überragend. Die Missions-Struktur
und die Boss-Kämpfe sagen mir auf der anderen Seite aber auch wieder weniger
zu. Dafür ist das Setting wieder eine echte Wucht. Nioh ist mit Sicherheit kein
perfektes Spiel. Es ist aber ein verdammt gutes Spiel. Auch wenn es schwer ist,
kann ich es nur jedem weiterempfehlen. Ihr bekommt für euer Geld verdammt viel
Umfang und sogar noch mehr Spielspaß geboten. Nur frustresistent solltet ihr
sein.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen