Kena – Bridge of Spirits: Pixar the Video Game

Ein Studio, das vor allem für einen Majoras Mask Fanfilm und weitere Animationsfilme als Auftragsarbeit bekannt ist, versucht sich nun an einem Videospiel. In den ersten Trailern wurde klar, dass das vor allem grafisch wunderschön aussieht. Damit hatte Kena: Bridge of Spirits (ab hier noch Kena) schon einmal meine Aufmerksamkeit. Aber kann das Spiel auch abseits der Grafik überzeugen? Oder ist das mal wieder mehr Schein als Sein? Immerhin besteht ein Spiel aus weitaus mehr als nur schönen Animationen.

Ungelöste Probleme

Die namensgebende Kena ist eine sogenannte Seelenführerin. Hat ein Verstorbener ein noch ungelöstes Problem oder Trauma zu verarbeiten, ist an Kena dieses Problem zu lösen und den Geistern so das Weiterziehen in das Jenseits zu ermöglichen. Wir treffen die junge Protagonistin auf dem Weg zum sagenumwobenen Bergschrein. Doch schon bald stößt sie auf ein mächtiges Hindernis, ein verlassenes Dorf und die tragischen Schicksale der Bewohner. Die Umgebung ist von einer Art Fäulnis befallen und nun ist es an Kena das Gebiet zu reinigen und den Weg zum Berg wieder zu öffnen.

Ich war tatsächlich überrascht wie ernst, erwachsen und streckenweise düster die Erzählung wird. Gerade wegen der ultra-knuffigen Präsentation hatte ich so viel Tragik gar nicht erwartet. Leider bekommt unsere Heldin in der Erzählung nur sehr wenig Raum. Erst gegen Ende werden persönliche Motive aufgegriffen und ich hätte sehr gerne viel mehr über Kena erfahren. So konzentriert sich das Spiel vollkommen auf die Schicksale im Dorf und das große Mysterium, als Kena selbst in den Fokus zu rücken. Dadurch fiel es mir schwer eine Bindung zur Spielfigur aufzubauen. Das ist aber auch der einzige Kritikpunkt an einer Erzählung, die geschickt Verlust, Liebe, Angst und auch Umweltthemen durchweg unterhaltsam präsentiert.

The Legend of Pikmin Souls

Spielerisch hat Kena bei mir wohlige Erinnerungen an Zelda geweckt. So wird großer Fokus auf das Erkunden der Spielwelt gelegt, wobei immer wieder Kämpfe und Rätsel eingestreut werden. Im Verlauf der Story erhaltet ihr kontinuierlich neue Werkzeuge und könnt so Hindernisse überwinden, die vorher unpassierbar waren. Dadurch hat Kena ein fantastisches Pacing. Immer wenn die Mechaniken und Rätsel so langsam ihren Reiz verlieren, führt das Spiel ein neues Element ein. Dabei wird kein einziges Element so überstrapaziert, das es langweilig wird. Das ist hier richtig gut gelungen.

Das sieht man auch bei den Kämpfen. Anfangs dachte ich mir: „Oha, das soll in den nächsten Stunden auch noch Spaß machen?“. Aber Kena schafft es neue Gegnertypen, Waffen und Strategien im genau richtigen Tempo einzustreuen. Zugegeben, das Kampfsystem könnte noch etwas Feinschliff vertragen. Im direkten Vergleich zu Souls-Spielen, an denen man sich orientiert, fehlt hier die Geschmeidigkeit und Finesse. Schläge. Blocks und Ausweichrollen wirken alle noch etwas steif und abgehakt. Aber gerade der knackige Schwierigkeitsgrad der Kämpfe hat mich überrascht und dass Kena euch genug Mittel zur Hand gibt, um die Kämpfe mit Skill zu überstehen, spricht für das System.

Die besondere Spielmechanik von Kena wird aber von den kleinen Rot-Wesen, die ihr im Verlauf der Story, aber auch durch das Erkunden der Spielwelt, einsammelt, definiert. Mit ihrer Hilfe tragt ihr Hindernisse aus dem Weg, beseitigt die Fäulnis oder führt besonders starke Angriffe aus. Je mehr Rot ihr gesammelt habt, umso mehr Aktionen stehen euch zur Verfügung. Ich fühlte mich daher immer motiviert, wirklich jeden Winkel der Spielwelt nach den kleinen Helferlein zu durchsuchen.

Apropos Spielwelt durchsuchen. Überall sind kleinere Rätsel und Truhen versteckt. Leider sind die Belohnungen recht durchwachsen. Während ich bestimmte Geisterpost-Gegenstände wirklich interessant fand, weil dadurch optionale Areale der Spielwelt geöffnet werden können, ist die auffindbare In-Game Währung etwas überflüssig. Damit könnt ihr nur kosmetische Hüte für eure Rot kaufen. Klar, das sieht niedlich aus und verbreitet Charme, aber darüber hinaus sind die Kristalle nutzlos. Jede Truhe, aus der nur die blauen Klitzerdinger geflogen kamen, war für mich immer eine kleine Enttäuschung. Dafür habe ich mich aber umso mehr über Truhen gefreut, in denen gleich ein besonderer Hut versteckt war. Für einen möglichen zweiten Teil wünsche ich mir einfach mehr Einsatzmöglichkeiten für die Kristalle. Outfits für Kena, Waffenupgrades oder komplett neue Ausrüstung vielleicht? Der optische Effekt beim Einsammeln der Währung ist durchaus befriedigend. Es fehlt nur ein bisschen der Sinn.

Wunderschön und zuckersüß

Jetzt muss ich aber zur offensichtlichen Stärke des Spiels kommen, der audiovisuellen Pracht. Kena begeistert ab der ersten Spielminute mit einer grafischen Pracht, die einem Pixar-Film in nichts nachsteht. Lichteffekte, Animationen, Detailgrad, das ist alles auf einem extremen Niveau. Ich habe mr erst kürzlich einen OLED-TV gegönnt und Kena mich immer wieder zum Staunen gebracht. Das Design der verschiedenen Figuren und vor allem der Spielwelt ist fantastisch. Vor allem die Rot sind einfach zuckersüß, die Wälder und das Dorf idyllisch und auch die Gegner fantasievoll gestaltet. Hinzukommen kurze Ladezeiten, eine butterweiche Performance und absolut gar keine Bugs.

Abgerundet wird das technische Meisterwerkt durch die großartige musikalische Untermalung. Von leisen und traurigen Tönen, bis hin zu epischen Melodien in großen Kämpfen trifft Kena immer den richtigen Ton. Lediglich bei der Synchronisation habe ich ab und zu etwas Emotion vermisst. Gerade unsere Protagonistin Kena wirkte immer etwas zu distanziert. Neben diesen kleinen Kritikpunkt ist Kena in punkto Präsentation ein beinahe bis zur Perfektion geschliffener Diamant.

Fazit

Kena: Bride of Spirits ist ein fantastisches Erstlingswerk. Zum Glück handelt es sich nicht um die typischen Grafikblender, der neben der großartigen Optik nichts zu bieten hat. Ganz im Gegenteil! Das Pacing ist perfekt getroffen, die Kämpfe überraschend fordernd und die erzählte Geschichte greift erwachsene und interessante Themen auf. Ein wenig Feinschliff am Kampfsystem oder den Einsatzmöglichkeiten der In-Game Währung ist noch nötig. Aber Ember Lab hat mit Kena einen fantastischen Grundstein für zukünftige Werke geschaffen. Ich bin gespannt auf zukünftige Spiele des Studios und hoffe das ich Kena in ein weiteres Abenteuer begleiten darf.

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