Der Film Kriegerin erzählt nicht nur die Geschichte einer
jungen Frau, welche anfängt an ihrer rechtsextremistischen Einstellung zu
zweifeln und ihren Weg raus aus der Szene. Sondern er handelt von kaputten
Familienverhältnissen, Vätern (bzw. Stiefvätern), die es mit der Erziehung
ihrer Tochter etwas zu gut meinen und Müttern, welche sich wiederrum nicht
genug durchsetzen, von falschen Freunden und wie einfach es ist in ein
gefährliches Milieu abzurutschen und natürlich auch wie schwer wieder hinaus zu
kommen.
Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist die 20-jährige
Marissa. Sie ist bereits Mitglied einer rechtsextremen Clique, der auch ihr
Freud angehört, welcher allerdings bereits zu Beginn des Films verhaftet
wird. Als sie eines Abends mit ihrer
Clique an einem Fluss zusammen sitzt und etwas trinkt, tauchen auf einmal zwei
junge arabische Asylbewerber auf. Natürlich kommt es zum Streit und zu
gewaltsamen Auseinandersetzungen. Die gesamte Situation eskaliert soweit, dass
Marissa, die beiden Brüder mit ihrem Wagen von der Straße drängt und diese
verunglücken. Als der jüngere der beiden Brüder später auch noch in den Laden
ihrer Mutter auftaucht, in dem sie arbeitet, und sie um Hilfe bittet, bekommt
sie Gewissensbisse und beginnt den Jungen zu helfen. Das führt natürlich
wiederrum zu Problemen mit ihrer Clique. Marissa beginnt allmählich aus der
Szene auszusteigen. Gleichzeitig wird die Geschichte der 15-jährigen Svenja
erzählt. Sie hat nicht nur mit ihren normalen pubertären Problemen, sondern
auch mit den fragwürdigen Erziehungsmaßnahmen ihres Stiefvaters zu kämpfen,
welcher es zwar durchaus gut meint, es dabei aber immer wieder etwas
übertreibt. Als dann auch der interessante, gutaussehende Nachbar auftaucht,
fängt Svenja an immer weiter in die rechtsextreme Szene abzurutschen.
Der Film schafft es sehr gut den extremen Gegensatz des Ein-
und Ausstieges der beiden jungen Frauen darzustellen. Rutscht Svenja doch sehr
schnell und einfach immer tiefer ab, hat Marissa richtig zu kämpfen um aus den
Sumpf aus Gewalt, Fremdenhass und Drogen wieder herauszukommen. Das macht den
Film vor allem vielschichtiger als andere seiner Art. Auch ist es sehr löblich,
dass Marissa nicht nur von dem Gedanken besessen ist auszusteigen. Sie
zweifelt. Ändert immer wieder ihre Meinung. In einem Moment hilft sie dem
jungen Araber und im nächsten grölt sie wieder rechtsradikale Parolen. Erst als
auch ihr Freund anfängt ihr gegenüber gewalttätig zu werden, wird ihr klar,
dass sie da raus muss.
Diese Vielschichtigkeit kommt allerdings mit einem Preis. Die
Geschichte plätschert zwischendrin lange Zeit nur so vor sich hin. Alle
erwähnten relevanten Ereignisse spielen sich zu Beginn und Ende des Filmes ab.
Mittendrin passiert so gut wie gar nichts, was die Geschichte vorantreibt. So
spielt der Junge, den Marissa von der Straße drängt, fast eine halbe Stunde gar
keine Rolle mehr. Er wird nicht einmal erwähnt. Auch ist es fragwürdig, dass
der Unfall keine weiteren Konsequenzen hat, wie zum Beispiel polizeiliche
Untersuchungen, welche etwas Spannung in die Geschichte gebracht hätten.
Durch die überwiegend guten bis sehr guten schauspielerischen
Leistungen fallen diese Schwächen allerdings nicht weiter schwer ins Gewicht.
Egal ob Marissa gerade zweifelt oder voller Fremdenhass auf andere einprügelt.
Sie wird immer glaubhaft gespielt. Das trifft genauso auf alle anderen
wichtigen Rollen zu.
Abschließend bleibt nur noch zu sagen, dass mich der Film
positiv überrascht hat. Erstens bin ich kein Freund von deutschen Filmen und
zweitens erst recht nicht von deutschen Filmen, welche sich mit
Rechtsextremismus beschäftigen, da diese zu häufig diese wehleidige
„wir-sind-ja-alle-so-böse“-Schiene fahren. Aber Kriegerin ist vielschichtig
und, noch wichtiger, frei von jeder Bewertung. Der Zuschauer kann sich selbst
seine Meinung zu dem Gezeigten bilden und wird nicht so vor den Kopf gestoßen. Ich
bereue es nicht, diesen Film gesehen zu haben.
Pro:
+ vielschichtig
+ gut gespielt und dadurch glaubhaft
+ Zuschaer wird nicht vor den Kopf gestoßen
Kontra:
- bestimmte Storyelemene nicht sehr glaubhaft (z.B. keine Polizei nach Unfall)
- gesamte Story wird nur am Anfang und am Ende vorrangetrieben
- es passiert lange Zeit gar nichts
- Synchronisation teils etwas leise und dadurch ausdruckslos
Wertung: 5,5/10
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