Die erste Reaktion unter einiger meiner
Kollegen als ich von meinem neuesten Projekt sprach war: „Was das gibt es noch?“.
Zugegeben, viele haben schon einige Jahre mehr als ich auf den Buckel und haben
Dank Familiengründung nicht so viel Zeit zum zocken. Trotzdem war das Interesse
ungewöhnlich groß. Denn Wolfenstein hat sich einen Namen gemacht und ein Genre
ausschlaggebend mitgeprägt. Im Gegenzug zu meinen Kollegen war das neu erschienene
Wolfenstein The New Order tatsächlich der erste Titel der Serie, den ich selbst
gespielt habe. Liegt zum einen daran, dass das Original lange Zeit indiziert
war und zum anderen daran, dass ich damals einfach viel zu jung war. Viel zu
lange Vorrede, kurzer Sinn: Wie hat sich denn das Spiel nun geschlagen? Lest
weiter!
In der Haut des altbekannten
Protagonisten B.J. Blaskowicz geht es wie immer darum, haufenweise Nazis
umzulegen. Oder besser gesagt Soldaten des Regimes, denn was in allen anderen
deutschen Medien erlaubt ist, darf in Spielen immer noch nicht enthalten sein.
Daher wurden in der deutschen Fassung alle rechtswidrigen Symbole und Ausdrücke
entfernt. Trotzdem ist jederzeit klar, um wen es eigentlich geht. Sinnlos, aber
was soll’s?! So erstürmt ihr zu Beginn des Spiels die namensgebende Festung
Wolfenstein. Dieser Angriff nimmt allerdings kein allzu gutes Ende, B.J. wird
schwer verletzt und in eine Irrenanstalt verlegt. Einige Jahre später hat das
Regime den Krieg gewonnen und die Weltherrschaft an sich gerissen. So vegetiert
Blaskowicz viele Jahre vor sich hin und kann nur hilflos zusehen, wie die Welt
um ihn herum zu Grunde geht. Glücklicherweise erwacht er genau in dem Moment als Regime-Truppen
in der Irrenanstalt aufräumen möchten. Auch hat er in all den Jahren nicht
verlernt eine Waffe zu führen und so kann er sich befreien, schließt sich dem
Widerstand an und tut fortan genau das, was er am besten kann, Naz… ähm
Regime-Soldaten töten.
Die Story von The New Order hat
in meinen Augen genau ein größeres Problem. Machine Games war sich anscheinend
nicht sicher, ob sie einfach völlig überzogene Action inszenieren oder ein tiefgründiges
Kriegsdrama erzählen möchten. So gibt es einige Szenen in denen B.J. über das
Grauen des Kriegen und seine Gefühle nachdenkt, diese wirken aber in all der
überzogenen Action fehl am Platz. Vor allem aber auch die Interaktionen
mit den anderen Mitgliedern des Widerstands erinnern angenehm an ein Inglorious
Basterds. Dieser Aspekt steht dem Spiel und der Erzählung wirklich gut. Auch
der große Antagonist General Totenkopf bietet ausreichend Reibefläche, um ihn
als Feindfigur zu hassen. Leider taucht er nur zwei Mal im Spiel auf. Zusammenfassend
kann ich zur Story sagen, dass sie auf jeden Fall ausreicht, um sich durch die
angenehm lange Kampagne zu kämpfen. Wirklich gut ist sie aufgrund der erwähnten
Unstimmigkeiten allerdings nicht.
Warum spielt man aber ein Titel
wie Wolfenstein? Wegen einer großartigen Geschichte? Wohl kaum! Viel mehr geht
es um das gewohnt brachiale Gameplay. Dieses wurde oft als „oldschool“
bezeichnet. Aber was bedeutet „oldschool“? Machine Games interpretiert dies,
indem sie auf eine Regeneration der Lebenspunkte und einige weitere
Komfortfunktionen verzichten. So müsst ihr manuell per extra Knopfdruck Health-Packs
und Rüstungsteile aufsammeln, was auf Dauer etwas nervt. Dafür könnt ihr jederzeit
ein riesiges Waffenarsenal mit euch herumtragen. Mir persönlich hat der Ansatz
gefallen, da ihr so tatsächlich auf eure Gesundheit achten müsst und euch nicht
einfach ein paar Sekunden lang hinter der nächsten Deckung verstecken könnt.
Nimmt man dann noch das wirklich grandiose Gunplay hinzu, muss man einfach
sagen, dass dieses Wolfenstein tatsächlich einer der besten First-Person-Shooter
der letzten Jahre ist. Das Waffengefühl passt einfach. Sogar die
Stealth-Mechaniken integrieren sich perfekt in das Spiel und machen wirklich
Spaß. Spielerisch hat mich The New Order voll überzeugt.
Wie sieht denn aber die
technische Umsetzung aus? Das lässt sich in meinen Augen gar nicht so einfach
beantworten. Eine große Errungenschaft ist, dass das Spiel fast durchweg mit
super flüssigen 60 Frames läuft. Dafür kann man aber keine besondere
Grafikpracht erwarten. Versteht mich nicht falsch. Das Spiel ist alles andere
als hässlich, aber nur auch nicht ganz auf der Höhe der Zeit. Besonders gestört
hat mich aber die Soundabmischung. Es mag ja sein, dass die deutschen Sprecher
gar keinen schlechten Job gemacht haben, nur sind sie im Spiel immer viel zu
leise und fast gar nicht zu verstehen. In den Cutszenes ist die Abmischung um
Welten besser. Da fällt dann auch die durchaus hörenswerte deutsche
Synchronisation besser auf. Bei den Waffensounds gibt es allerdings auch wieder
nichts zu meckern.
Einen Punkt möchte in an dieser
Stelle noch ansprechen, Schwierigkeitsgrad und Checkpoints. Ich habe absolut
nichts gegen schwere Spiele. Wogegen ich aber etwas habe, sind extreme Schwankungen
im Schwierigkeitsgrad und damit verbundene schlechte Checkpoints. So ist es mir
mindestens dreimal passiert, dass ich an manchen Stellen aufgrund mangelnder
Munition und Medipacks hoffnungslos unterlegen war. Als ich es dann doch
geschafft habe, kroch ich in den nächsten Raum und zack noch viel mehr Gegner und tot. Das
doofe daran? Der Checkpoint lag vor dem ersten Kampf, den ich gerade so
überlebt hatte und nun noch einmal angehen durfte. Das tat der Motivation in
diesen Fällen nicht besonders gut.
Bevor ich zum Fazit komme, könnt ihr hier den Test in bewegten Bildern und mit Ton ansehen.
Bevor ich zum Fazit komme, könnt ihr hier den Test in bewegten Bildern und mit Ton ansehen.
Trotz einiger erzählerischer
Schwächen und ein paar Balance-, sowie Audio-Problemen macht Wolfenstein The
New Order einfach unglaublich viel Spaß. Naz… ähm Regime-Soldaten über den
Haufen ballern wird einfach nicht alt. Vor allem beim Gameplay sticht das Spiel
aus dem ganzen FPS-Einheitskram erfrischend hervor. Von daher gibt es von mir
an dieser Stelle für FPS-Fans eine ganz klare Kaufempfehlung.
Pro:
+ einfache, aber motivierende
Erzählung, die sich nicht zu ernst nimmt
+ angenehme Parallelen zu
Inglorious Basterds
+ präzises und flüssiges Gunplay
+ gut funktionierendes Stealth
+ flüssige Darstellung mit
überwiegend konstanten 60 fps
+ gute deutsche Synchronisation
Kontra:
- gefühlsbetonte Monologe wirken
wie Fremdkörper
- Audioabmischung teilweise
miserabel
- einige Balance-Probleme und
schlecht platzierte Checkpoints
Wertung: 7,5/10
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