Deutsche Filme und ich werden nie die größten Freunde und so hat es lange gedauert bis ich mich an Who Am I gewagt habe. Oft hochgelobt hat mich die deutsche Herkunft immer wieder abgeschreckt. Dazu noch das für Deutschland „neumodische“ Thema und die Skepsis war perfekt. Doch auch wegen meiner niedrigen Erwartungshaltung konnte mich der Film positiv überraschen. Who Am I schafft es mit einer gelungenen Inszenierung die typischen Schwächen des deutschen Films zu kaschieren. Aber fangen wir von vorne an.
Die Geschichte von Who Am I dreht sich rund um den jungen Hacker Benjamin, der (wie sollte es auch anders sein) zwar ein Genie im Umgang mit PCs ist, dafür aber im „echten“ Leben nicht wirklich zurechtkommt. Eines Tages trifft er seine alte Flamme Marie und will um ihr zu imponieren Prüfungsfragen vom Server der Uni klauen. Dabei wird er erwischt und zu Sozialstunden verurteilt. Bei diesen trifft er auf den charismatischen Max, der ihm in die Hacker-Gruppe CLAY einführt. Fortan macht es sich diese Gruppe zur Aufgabe allerhand Blödsinn anzustellen, um an Ruf zu gewinnen. Doch richtig ernst genommen werden sie nicht. Erst als Ihnen ein wirklich großer Coup gelingt, gelangen sie ins Rampenlicht der Community und gleichzeitig ins Fadenkreuz der russischen Mafia. Außerdem ist ihnen eine Ermittlerin von Europol auf den Spuren.
Der ganze Film wird in einer Rückblende erzählt. Benjamin berichtet im Verhör bei Europol über die Ereignisse der vergangen Wochen. Was mir dabei gefallen hat, sind die Parallelen zum Film Fight Club. So spielt der Film mit Benjamins Persönlichkeit, spricht Themen wie Schizophrenie an und lässt den Zuschauer grübeln, wie viel Wahres an CLAYs und Benjamins Geschichte tatsächlich ist. Allgemein kann der Film mit der einen oder anderen unerwarteten Wendung auftrumpfen. Mein größter Kritikpunkt bei der Erzählung sind aber die stereotypische Darstellung der Hacker-Community und die erzwungene Liebesgeschichte, die einfach fehl am Platz wirkt. So wird der Film leider häufig unangenehm kitschig oder lachhaft peinlich, wenn mit Begriffen wie zum Beispiel „Skriptkiddie“, „Darknet“ und weiterem Hacker-Jargon um sich geworfen wird, einfach weil es „cool“ klingt.
Dafür wird das Ganze rasant und in für deutsche Verhältnisse richtig schönen Bildern umgesetzt. Nur beim Zusehen könnte der Eintrug entstehen, dass hier eine kostspielige Hollywood-Produktion über den Bildschirm flimmert. Stilistisch und filmisch ist der Film richtig gut umgesetzt. Besonders gefallen hat mir die abstrakte Darstellung des virtuellen Raumes hat mir sehr gut gefallen. Auch der vorrangig elektronische Soundtrack weiß durchaus zu überzeugen.
Nur fangen die Protagonisten leider auch irgendwann an zu sprechen. Auch wenn das alles schauspielerisch nicht unbedingt schlecht ist, aber wirklich vom Hocker gerissen hat mich das Gezeigte nicht. Am besten hat mir noch Elyas M’Barek in der Rolle des Proleten Max gefallen. Er kommt einfach noch am natürlichsten rüber. Tom Schilling macht in der Rolle des Benjamin zwar auch keinen schlechten Job, aber so wirklich klicken wollte es nie.
Aber woran liegt das? In meinen Augen bei deutschen Filmen immer wieder an der Synchronisation. Wir haben so verdammt gute Synchronsprecher. Nur wenn man unsere deutschen Schauspieler im O-Ton hört, wirkt das für mich immer lust- und kraftlos. Es kommt einfach nichts rüber. Da hilft es auch nicht, dass Benjamin viel aus den Off erzählt, wenn seine Vertonung einfach nicht interessant ist. Ich vergleiche hier gerne mit Mr. Robot. Da lausche gespannt den Monologen des Protagonisten. Hier hatte ich eher das Verlangen ihm „Komm zum Punkt!“ an den Kopf zu werfen. Diese Kritik ist schwer in Worte zu fassen und ich hoffe ihr könnt nachvollziehen, was ich meine.
Who Am I ist ein kleiner Hoffnungsschimmer am deutschen Kino-Himmel. Vor allem die Inszenierung ist auf einem extrem hohen Niveau. Die grundlegende Geschichte bietet genügend interessante Ansätze und Wendungen, um unterhaltend zu sein, verliert aber einige Punkte im Detail und durch die überflüssige Liebesgeschichte. Der größte Kritikpunkt ist und bleibt aber ein typisch deutsches Problem, die Qualität des Schauspiels und der richtigen Vertonung. Sollte der deutsche Film es schaffen hier die Qualität unserer Synchronsprecher anzunehmen, dann wird das was richtig Gutes.
Pro: | Kontra: |
+ Story mit guten Ansätzen
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- … aber Schwächen im Detail
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- aufgesetzte Liebesgeschichte
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+ rasante und hochwertige Inszenierung
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- viele Hacker-Klischees
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+ guter Soundtrack
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- schauspielerische Leistungen nicht überzeugend
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- Synchronisation trübt das Gesamtbild
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