Dass aktuelle Trends und Themen von Filmen aufgenommen werden, ist ja
nichts Neues. Vor allem die digitalen Medien rücken neuerdings immer mehr in
den filmischen Fokus. Bei Unknown User ging es zum Beispiel um das Thema
Cybermobbing und in Nerve nimmt sich nun das Thema Challenges und Anonymität im
Netz zur Brust. Der Ansatz ist dabei richtig gut gelungen. Leider wird das
Thema zu oberflächlich und mit dank peinlicher Klischees nicht wirklich
genutzt. In der Filmkritik erfahrt ihr
mehr.
Player oder Watcher?
Nerve kommt nach New York. Was ist Nerve fragt ihr jetzt? Nerve ist ein
Spiel, bei dem man sich im Vorfeld als Player oder Watcher registrieren muss.
Die Watcher geben den Playern Aufgaben, die sie gegen eine Prämie erfüllen
müssen. Je gefährlicher und ausgefallener die Aufgabe, umso mehr Geld gibt es
für den Player. Der Player, der nach 24 Stunden die meisten Watcher sammeln
konnte, gewinnt das Spiel. So entscheidet sich auch die junge Venus an Nerve
als Player teilzunehmen, um mit den Einnahmen ihre College-Gebühren zu
bezahlen. Ihre erste Aufgabe: „Küsse einen fremden für 5 Sekunden“. Dieser
Fremde mit dem Namen Ian, ist zufälligerweise auch ein Player und fortan sollen
die beiden gemeinsam Herausforderungen bestehen. Schnell wird aus dem Spaß aber
bitterer Ernst, denn das Spiel und die anonyme Community hinter dem Spiel
laufen schnell aus dem Ruder.
Und damit trifft Nerve einen sehr interessanten Punkt. Was als Spaß
anfängt, nimmt bei steigendem Interesse und wachsender Zuschauerzahl, wodurch
es auch zu steigender Anonymität kommt, lebensbedrohliche Ausmaße. Reicht
anfangs noch ein Kuss um die Menge zufrieden zu stellen, müssen sich Player
später unter fahrende Züge legen, waghalsige Stunts auf dem Motorrad zeigen
oder sogar Straftaten begehen. Die anonyme Internetmasse gerät völlig außer
Kontrolle.
Und das ist meiner Meinung nach gar nicht so weit hergeholt. Was zieht im
Internet? Größer, weiter, schneller, gefährlicher, einfach mehr Spektakel. Ohne
Regeln und deren Überwachung würden auch Plattformen wie YouTube und Co völlig
aus dem Ruder laufen. Das erleben wir ja mit den Live Morden und
Vergewaltigungen auf Facebook. Damit ist Nerve erstaunlich aktuell.
Hacker Plattitüden
Leider versaut man sich den tollen Ansatz mit einer viel zu flachen und mit
Plattitüden gespickten Erzählung, die gegen Ende sogar recht wirr wird. Da
werden wahllos Begriffe wie Darknet, Bots und so weiter in den Raum
geschmissen, die erstmal cool klingen sollen, im Kontext aber absolut fehl am
Platz sind. Der heimliche Held ist natürlich ein unscheinbarer Nerd, der seine
heimliche Liebe retten will. Ein wilder Hackerhaufen vergräbt sich irgendwo in
einer Absteige und versucht von dort das Spiel aufzuhalten und und und.
Dazu kommt, dass die Charakterisierung nicht über das übliche Mädchen, dass
über sich hinauswächst, cooler Typ mit einem dunklen Geheimnis oder dem bereits
erwähnten Hacker-Stereotypen hinausgeht.
Vor allem das Ende wird dann so schnell und wirr präsentiert, dass es
schwer fällt überhaupt noch zu folgen. Das sollte mit Sicherheit tiefgründig,
geheimnisvoll oder was auch immer wirken, verfehlt in meinen Augen aber das
Ziel.
Die Umsetzung wird der wirklich guten Idee nicht gerecht. Schade!
Tolle Kulisse: New York
Dafür kann Nerve technisch wieder überzeugen. Das liegt größtenteils an der
großartigen Kulisse: New York. Das ist einfach eine tolle Stadt, die es einfach
macht, viele schöne Bilder zu erzeugen. Vor allem nachts und dank der
Verwendung vieler neonfarbener Lichter sieht Nerve teilweise richtig gut aus.
Auch an den schauspielerischen Leistungen einer Emma Roberts (Venus) oder
eines Dave France (Ian) habe ich gar nichts auszusetzen. Vor allem Emma Roberts
kann mit ihrem jugendlichen Charme überzeugen. Franco spielt angenehm
zurückhaltend. Nur Juliette Lewis in der Rolle der besorgten Mutter hat mir gar
nicht gefallen. Die restlichen Darbietungen liegen im Standard.
Fazit
Nerve hatte eine gute Idee, eine tolle Kulisse und versaut einiges an
Potential mit der viel zu oberflächlichen Inszenierung und Erzählung. Vor allem
gegen Ende hat mich der Nerve dann verloren. Für einen ruhigen Filmeabend
reicht Nerve zwar weiterhin aus und auch unterhalten kann der Film ganz gut,
aber gemessen an der guten Idee, bin ich dann doch etwas enttäuscht. Da wäre
deutlich mehr drin gewesen!
Kommentare
Kommentar veröffentlichen