Detroit - Become Human: Wie viel Spiel braucht es wirklich?



Was zeichnet ein wirklich gutes Spiel aus? Diese Frage musste ich mir nach dem Durchspielen von Detroit Become Human einmal mehr stellen. Ist es das Setting? Die Erzählung? Oder definiert sich ein Spiel rein über das Gameplay? Würde ich Detroit nun rein über das Gameplay definieren, dann fiele dieses Review erschreckend kurz aus.  Denn wie jeder weiß, handelt es sich hier wieder einmal um ein interaktives Erlebnis à la Heavy Rain. Und zwar eins, das man sich als PS4 Besitzer auf gar keinen Fall entgehen lassen sollte!

Mensch vs. Maschine

Detroit: Become Human spielt im Jahr 2038. Seit ihrer Einführung haben Androiden in fast allen Lebensbereichen Einzug erhalten. Sie übernehmen nervige Aufgaben wie die Hausreinigung oder Bauarbeiten. Doch nicht überall kommen die menschenähnlichen Maschinen gut an. Seit deren Einführung ist die Arbeitslosenquote stark gestiegen und so steigt der Unmut gegenüber den Plastikmenschen.

In genau dieser Zeit schlüpfen wir in die künstliche Haut von drei Androiden. Da hätten wir Kara, die als Haushälterin und Kindermädchen arbeitet. Markus, der einen alten, wohlhabenden Künstler pflegt. Und den neuartigen Androiden Connor, der die Polizei auf der Suche nach Abweichlern helfen soll. Abweichler sind Androiden, die aus den vorgegebenen Zwängen ihres Programms ausbrechen, menschliche Emotionen und sogar ein Bewusstsein entwickeln. Während Kara und Markus aufgrund tragischer Ereignisse zu Abweichlern werden, liegt es am Spieler zu entscheiden wie sich Connor im Verlauf der ca. 10 Stunden langen Geschichte entwickelt.

Ihr merkt vielleicht schon, dass ich die Erzählung nur sehr vage beschreibe, da diese DAS Kernelement des Spiels ist. Je weniger ihr von mir erfahrt, umso besser wird euch das Geschehen am Ende in den Bann ziehen. Auch wenn ihr immer wieder über altbekannte Klischees stolpert, so entwickelt sich eine ungemein spannende Geschichte, die vor allem dank ihrer drei extrem gut ausgearbeitet Protagonisten jederzeit an die Konsole fesselt. Ich wollte einfach immer wissen, wie es weitergeht und habe Detroit in kürzester Zeit durchgespielt.

Triff deine Entscheidung

Und wenn ich schon durchgespielt sage, muss ich nun auch zum spielerischen Anteil kommen. Der fällt erwartungsgemäß knapp aus. Jeder sollte mittlerweile die Machwerke von David Cage und seinem Studio Quantic Dreams kennen. Eure spielerischen Aufgaben beschränken sich auf der Erkunden von diversen Arealen, dem Interagieren mit Gegenständen und NPCs und vor allem auf das Treffen von wichtigen Entscheidungen.

Ihr entscheidet, wohin sich die Geschichte entwickelt. Wollt ihr zum Beispiel eine friedliche Demonstration der Androiden einleiten oder die Menschen mit einer gewaltigen Revolution angreifen? Wie weit würdet ihr gehen um ein kleines Mädchen zu beschützen? Und verratet ihr eure Mission oder eure Spezies? Das beeindruckende an Detroit ist, dass ich hier zum ersten Mal wirklich das Gefühl hatte, dass meine Entscheidungen einen Einfluss haben. Während es bei Telltale und Co. am Ende doch immer auf dasselbe Ergebnis hinausläuft, hat man hier starken Einfluss auf das Finale. Sogar einzelne Zwischenkapitel können bei bestimmten Entscheidungen komplett übersprungen werden.

Einzig eine recht binäre Entscheidung gegen Ende des Spiels hat mir gar nicht gefallen. Geht ihr einen Weg, könnt ihr ein positives Ende für alle Beteiligten erreichen. Nehmt ihr den anderen, ist es nicht mehr möglich alle zu retten. Dass alle anderen vorher getroffenen Entscheidungen nun keine Rolle mehr spielen, fiel bei genau dieser Szene extrem auf. Das hätte man in meinen Augen besser kaschieren können.

Was mir auf der spielerischen Seite aber noch äußerst positiv aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass das Durchsuchen der Spielwelt nun mehr Einfluss auf das Geschehen hat. So könnt ihr wichtige Hinweise schlicht und ergreifend übersehen, wodurch euch später bestimmte Gesprächsoptionen fehlen. Das kann dann wiederum zu völlig unterschiedlichen Situationen und Kapitelenden führen.

Auch die zahlreichen Quick Time Events in den Zwischensequenzen haben zum Glück nicht genervt. Das liegt vor allem an der großartigen Inszenierung und dem dankbaren Timing. So könnt ihr einzelne Eingaben auch mal vermasseln. Das sollte euch aber nicht zu häufig geschehen, da eure Spielfiguren wieder einmal nicht vor dem vorzeitigen Ableben gefeilt sind.

Alles in allem muss ich sagen, dass mir die Interaktionsmöglichkeiten ausgereicht haben, um über die gesamte Spielzeit motiviert am Ball zu bleiben.

Fantastische Technik

So ein von der Erzählung und Inszenierung getriebenes Erlebnis steht und fällt natürlich mit der technischen Grundlage. Zum Glück ist Quantic Dreams hier wirklich etwas Großartiges gelungen. Allen voran muss man hier den Schauspielern und er Motion Capture Technologie ein großes Lob aussprechen. Zwar werden nicht immer alle Emotionen perfekt eingefangen, aber man erreicht ein bisher ungesehenes Niveau. Nie waren digitale Gesichter näher an den realen Vorbildern dran.

Zum Glück passen auch der Rest der Technik und vor allem das Art Design zu den gutaussehenden Charaktermodellen. Dieses Detroit aus dem Jahr 2038 sieht verdammt greifbar, glaubwürdig und realistisch aus. Von ärmlichen Vororten bis hin zu futuristischen Innenstädten mit ihren riesigen Leinwänden und holografischen Elementen wirkt alles extrem stimmig. Es ist ihnen gelungen ein Setting zu erschaffen, das sich perfekt in die Erzählung eingliedert.

Das i-Tüpfelchen stellt dann die grundlegende Inszenierung dar. Kamerapositionen und Actionsequenzen werden so gut inszeniert, dass sie sich vor Kinofilmen nicht verstecken brauchen. Auch der Soundtrack kann mit seinen thematisch verschiedenen Stücken extrem überzeugen.

Natürlich dürft ihr euch auch hier ein Video anschauen:

Fazit

Das Genre des interaktiven Films mag viele abschrecken.   Was beim spielerischen Umfang fehlt, legt Detroit Become Human bei der Erzählung, der Welt und der Inszenierung mit Leichtigkeit oben drauf. Und genau diese Punkte sind es auch, die Detroit so verdammt spielenswert machen. Dazu kommt, dass die Story mit ihren knapp 10 Stunden nicht sehr umfangreicht ist, dafür aber erheblichen Wiederspielwert bietet. Ich habe so gleich wieder von vorne angefangen und einen komplett anderen Weg eingeschlagen. Und dieser zweite Durchlauf ist genauso unterhaltsam und überraschend wie der erste. Daher kann ich euch Detroit Become Human nur wärmstens ans Herz legen. Und zwar allen von euch!

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