Control: Ich will mehr!



Remedys neuestes Machwerk Control ist eine wahre Rarität. Ihr bekommt ein reines Single Player Spiel, ohne ausschweifende Open World, ohne Online-Zwang und ohne Mikrotransaktionen. Dazu kommen eine völlig abgefahrene Spielwelt, viele interessante Ideen und am Ende kann ich zu Beginn des Reviews schon sagen, dass ich jede einzelne Sekunde davon absolut genossen habe!

Schnelle Beförderung

Dabei zählt die Hauptstory für sich alleine betrachtet gar nicht zu den ganz großen Stärken des Spiels. Als Jesse Faden betretet ihr zu Beginn das Oldest House, wo die geheime Behörde FBC (das Federal Bureau of Control) sitzt. Schnell merkt ihr, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Das Gebäude wirkt verlassen. Ihr trefft nur auf einen schrulligen Hausmeister, der euch direkt zum Direktor der Behörde schickt. Nur liegt dieser bereits tot in seinem Büro. Ihr greift nach der neben der Leiche liegenden Waffe, hört plötzlich seltsame Stimmen, werdet in ein Parallelwelt teleportiert, absolviert einen kurzen Parcours und werdet somit zur neuen Direktorin des FBC. Viel Zeit euch an die neue Position zu gewöhnen bleibt aber nicht. Denn das Oldest House wurde von einer Macht übernommen, die Jesse kurzerhand das Zischen nennt und die befallenen Opfer mutieren und aggressiv werden lässt. Eure Aufgabe ist also schnell klar. Findet die Quelle des Zischens und beseitigt es.

All das passiert schon in der ersten halben Stunde des Spiels. Danach wird es nur noch wilder. Denn Jesse hatte ganz eigene Gründe das FBC zu suchen. Was hat ihre Vergangenheit mit all dem zu tun? Und was hat die Behörde hier eigentlich so getrieben? Diese Fragen tragen das gesamte Spiel. Der eigentliche Kampf gegen das Zischen ist dabei eher nur eine Nebensache und für sich alleine betrachtet nicht sonderlich überraschend oder übermäßig interessant. Charaktere, die ihr unterwegs trefft, sind zwar allesamt irgendwie merkwürdig, aber selten vielschichtig. Wer Control also nur wegen einer bombastisch erzählten Hauptstory spielen will, ist hier falsch.

Im richtigen Maß verwirrend

Für mich sind es die Spielwelt und das ganze Drumherum, was Control so verdammt spielenswert machen.

Remedy hat es geschafft eine unglaublich dichte und überraschend glaubhafte Spielwelt zu erschaffen. Bei all dem abgefahrenen Zeug, das euch im Oldest House erwartet, ist das eine wahre Meisterleistung. Fliehende, quakende Badeentchen, dimensionsverzerrende Flamingos und sich veränderte Räume sind hier an der Tagesordnung. Und absolut gar nichts davon wirkt in irgendeiner Form deplatziert. Durch unzählige Dokumente, Audio- und Videologs werden alle übernatürlichen Phänomene so gut erklärt, dass man Control beinahe alles abkauft.

Dieses Oldest House hat bei mir eine extreme Sogwirkung erzeugt. So bin ich immer wieder in den Räumen der Behörde regelrecht verloren gegangen, habe vertrauliche Dokumente verschlungen, geheime Räume erforscht und wollte einfach immer und immer mehr von dieser Welt erfahren. Die letzte Spielwelt, die mich so fesseln konnte, war die von Bloodborne. Und das ist ja bekanntermaßen mein Lieblingsspiel der aktuellen Generation.

So kam es dann auch, dass ich am Ende des Spiels tatsächlich fast alle Geheimnisse so nebenher gefunden habe. Und das nicht einmal, weil mir das Spiel offene Aufgaben aufgelistet hat, sondern nur weil ich freiwillig jeden Winkel durchsucht habe. Hier liegt die wahre Meisterleistung, denn einige Inhalte sind verdammt gut versteckt, leider auch die interessantesten (Stichwort Pilzbefall).

Übernatürliche Action

Während man so durch das Oldest House streift, wird man natürlich immer wieder von den befallenen Zischern angegriffen. Tatsächlich wird in Control sehr viel gekämpft. Und das ist gar nicht mal so schlecht, denn die Kämpfe hauen nicht nur optisch richtig rein, sie spielen sich auch richtig schön knackig.

Eure Amtswaffe, die ihr zu Beginn des Spiels aufsammelt, ist zwar die einzige Waffe, die euch in Hand gegeben wird, mehr braucht es aber auch nicht. Im Verlauf des Spiels schaltet ihr verschiedene Formen der Waffe frei. Startet ihr mit einer einfachen, aber durchschlagskräftigen Pistole, kann die Waffe später in einen Minigun, Shotgun, Granatwerfer oder Scharfschützen-Modus versetzt werden. Zwei davon könnt ihr per Knopfdruck durchschalten und damit bietet die Waffe genug Abwechslung und sie sollte so jedem Spielstil angepasst werden können. Wenn man dann noch erfährt, was diese Amtswaffe eigentlich ist, hat man beim Benutzen gleich noch mehr Spaß.

Neben Feuerkraft kann Jesse aber auch auf übersinnliche Kräfte zugreifen. Relativ schnell erhaltet ihr die Fähigkeit Objekte per Telekinese auf eure Opfer zu werfen. Das wurde sehr schnell zu meiner bevorzugten Waffe. Es macht einfach sehr viel Spaß Gegnern ein Stück Mauer entgegen zu schleudern. Später kommen noch Ausweichmanöver, Gedankenkontrolle zur Übernahme von Gegnern und sogar die Fähigkeit über das Schlachtfeld zu schweben hinzu.

Control führt alle Fähigkeiten und Gegnertypen nach und nach ein und mischt diese gegen Ende dann so schön durch, dass die Kämpfe immer abwechslungsreich, fordernd und schlicht und ergreifend verdammt spaßig bleiben.

In puncto Gameplay habe ich nur zwei Dinge, die mich zwar nicht wirklich gestört haben, die aber auch nicht ganz die gleiche Qualität erreichen. Das wären zum Beispiel die selten Rätsel, die nie große Kopfnüsse darstellen und einige Features, die mir zu „Gamy“ sind. Damit meine ich RPG-Elemente die es in meinen Augen gar nicht gebraucht hätte. Ihr könnt so für Jesse und eure Waffen Mods finden, die dann mehr Schaden, mehr Leben, usw. bringen. Das und generische Aufgabe wie „Töte X Gegner vom Typ Y“ hätten nicht sein müssen. Wirkt in meinen Augen einfach aufgesetzt.

Über die Grenzen der PS4

Grafisch und stilistisch ist Control ein echtes Brett. Vor allem das Art Design holt aus scheinbar langweiligen Bürokomplexen wirklichen alles raus und zaubert eine wunderschöne, glaubhafte und eigenständige Spielwelt auf die Konsole. Zwar sehen einige Charaktermodelle nicht ganz so hübsch aus und auch die Animationen wirken hier und da recht hölzern, aber das Gesamtbild ist richtig gut!

Leider bringt Control die PS4 immer wieder an ihre Grenzen und ab und zu spürbar darüber hinaus. Vor allem nach Ladepausen kommt es häufig zu gravierenden Framerateverlusten und auch bei den actionreichen Kämpfen kann man immer wieder Ruckler feststellen. Das ist bei all der Effektgewalt und dem extremen Grad von zerstörbaren Umgebungen auch kaum ein Wunder, stört beim Spielen trotzdem. Unspielbar wird Control aber nie.

Auf der Soundseite muss ich lediglich die deutsche Sprachausgabe kritisieren. Die ist weit von der Qualität der englischen Sprecher entfernt und dazu nur selten Lippensynchron. Schade!

Dafür überzeugen Soundeffekte und die musikalische Untermalung umso mehr. Alleine das Geräusch beim Schleudern mit eurer Telekinese hat sich regelrecht in meinen Gehörgang eingebrannt. Eure Amtswaffe knall ordentlich rein und Gegner kündigen sich mit markanten Geräuschen an. Auch das allgegenwärtige Flüstern der befallenen NPCs sorgt konstant für eine drückende, unangenehme Stimmung.

Natürlich darf auch hier das Video nicht fehlen!

Fazit

Um es kurz zu machen, Control ist bisher mein Spiel des Jahres und gleichzeitig sofort zu einem meiner absoluten Lieblingsspiele geworden. Die Spielwelt und die darin verpackten Geschichten und paranormalen Ereignisse haben mich sofort in den Bann gezogen. Das Gameplay ist bis auf kleine Ausnahmen wunderbar durchdacht und spaßig. Ein kostenloser DLC steht ja schon in Startlöchern und auch danach soll Control mit weiteren DLCs versorgt werden. Und ich kann es kaum erwarten. Ich will mehr davon!

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