TENET: Knoten im Kopf


Der Soundtrack macht ganz laut BOOOOM BABUMM, Szenen werden rückwärts abgespielt und "der Protagonist" rettet die Welt und seine "Damsel in Distress". Aber was für ein wilder Ritt! So ungefähr kann ich TENET ganz grob zusammenfassen. Tenet dürfte für sehr viele der erste Kinofilm seit der Corona-Pause sein. Und ob sich der Kinobesuch hier lohnt, erfahrt ihr in dieser Kritik.

Sensorischer Overflow

Vorweg, ein Kinobesuch lohnt sich immer! Aber gerade bei Nolans Blockbustern kommt man eigentlich immer in den vollen Genuss der großen Leinwand und dem großartigen Sound. Tenet ist hier keine Ausnahme. Alleine die Schauwerte und der Sound sind atemberaubend. Der Soundtrack kann zwar auf die Dauer leicht anstrengend und in manchen Szenen etwas zu dominant werden, trotzdem untermalt er perfekt die gezeigten Bilder und die schon die Musik alleine bringt den Puls in die Höhe. 

Bedenkt man zudem das Tenet so gut wie komplett auf Computereffekte verzichtet und beinahe alles, was man auf der Leinwand zu sehen bekommt, genauso gefilmt wurde, dann ist das Erlebnis umso beeindruckender. Schauspielern wird hier richtig etwas abverlangt und diese echte Action sieht und spürt man als Zuschauer einfach. 

Vorwärts, oder doch zurück?

Kommen wir aber endlich zum eigentlichen Inhalt des Films. Nolan erzählt in Tenet einen extrem verworrenen Agenten-Thriller, der an sich sehr klischeehaft funktioniert, aber mit einem ganz besonderen Kniff daherkommt. Nolan spielt hier wieder einmal mit der Zeit an sich. Denn in der Welt von Tenet können Gegenstände und Menschen „invertiert“ werden. Sie bewegen sich damit in der Zeit rückwärts. Gewehrkugeln werden nicht aus der Waffe geschossen, sondern fliegen zurück ins Magazin. Wendet man das dann auf die Charaktere im Film an, ergeben sich extrem verschachtelte und interessante Ideen und Momente. 

Ich will auf das ganze Zeitreise-Thema gar nicht zu sehr eingehen, um hier nicht zu viel zu verraten. Denn wenn auch alle Hintergründe sehr vage präsentiert werden, so verstecken sich hier sehr viele, teils auch tiefgründige Ansätze. 

Und damit kommen wir zum ersten Problem von Tenet. Nolan schafft es nicht immer seine genialen Ideen zu transportieren. Ist es immer etwas Gutes, essentielle Story-Elemente in wissenschaftlichem Geblubber zu verstecken? Vielleicht kann der Zuschauer das Gezeigte besser genießen, wenn er eher versteht, worum es eigentlich geht? Versteht mich bitte nicht falsch! Man kann dem Film durchaus folgen, aber das kann zuweilen sehr anstrengend werden. Ich bin lediglich der Meinung, dass man an sich einfache Zusammenhänge hier und da unnötig kompliziert erzählt hat. 

nur Figuren, keine Charaktere

Das größere Problem ist aber ganz typisch für Nolan. Er kann einfach keine Charaktere darstellen. Unsere Hauptfigur heißt zum Beispiel einfach nur „Der Protagonist“ und genauso viele Charaktereigenschaften hat er auch. Da kann sich John David Washington noch so viel Mühe geben, aber seine Figur war mir im gesamten Film völlig egal. Besser ergeht es Elizabeth Debicki, die wenigsten ein eigenes Motiv bekommt, am Ende aber doch nur die „Jungfrau in Nöten“ darstellen darf. Die wohl beste Figur ist der Bösewicht Sator, gespielt Kenneth Branagh. Echter Tiefgang darf aber auch hier nicht erwartet werden. 

Alles, inklusive der Charaktere, wird der Idee und der Handlung untergeordnet. Dadurch kann Tenet ein unglaubliches Tempo halten, erzeugt allerdings dabei keine emotionale Bindung. Außerdem leidet darunter die Erzählstruktur. Im Grunde läuft der Film die ganze Zeit folgendermaßen ab: Actionszene folgt auf Erklärung folgt auf Actionszene folgt auf Erklärung und so weiter. 

Und diese Erklärung findet ausschließlich über Exposition statt. Meistens reden hier zwei Personen miteinander und erklären sich gegenseitig die Geschichte. Das wirkt leider nie natürlich. Auch das ist bei Nolan-Filmen ein wiederkehrendes Problem. 

Diese Filmkritik könnt ihr euch auch als Video anschauen:

Fazit

So, und das klang jetzt am Ende vermutlich recht negativ. Und die Art und Weise der Erzählung ist auch definitiv der schwächste Part des gesamten Films. Auch die Story an sich ist alles andere als innovativ oder einzigartig. Aber, Nolan setzt alles so gekonnt zusammen, dass man völlig geplättet aus dem Kinosaal kommt. Die Bilder, der Sound, die coolen Ideen, das alles fügt sich zu einem wirklich sehenswerten Film zusammen. Auch wenn ich ehrlich sagen muss, dass ich irgendwie mehr erwartet habe…

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